Ukraine-Militärhilfe Selenskyj kämpft gegen Skepsis im US-Kongress
Bei einem Besuch in den USA soll der ukrainische Präsident Selenskyj heute Präsident Biden treffen - und er kommt mit konkreten Wünschen. Klar ist aber auch: Seit seinem letzten Besuch hat sich die Stimmung in Washington geändert.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ist in die US-Hauptstadt Washington gereist, um bei seinem wichtigsten Verbündeten um weitere Unterstützung im Abwehrkampf gegen Russland zu werben. Nach seiner Ankunft im US-Kongress begleitete der demokratische Minderheitsführer im Repräsentantenhaus, Hakeem Jeffries, ihn ins Kapitol. Später will US-Präsident Joe Biden Selenskyj im Weißen Haus empfangen.
Der 45-Jährige kommt mit konkreten Wünschen zu militärischer Ausrüstung nach Washington. Im vergangenen Dezember war er dort schon einmal zu Gast und wie ein Held empfangen worden. Doch seither hat sich die politische Lage im US-Kongress verändert. Die Republikaner haben seit Januar im Repräsentantenhaus das Sagen. In ihren Reihen herrscht beträchtliche Skepsis, ob die USA weiter viel Geld in einen Krieg pumpen sollten, dessen Ende nicht abzusehen ist.
Und so traf Selenskyj Senatoren und Abgeordnete dieses Mal hinter verschlossenen Türen. Er sei dankbar für die Unterstützung, sagte er im Anschluss. Selenskyj habe die Senatoren vor den Gefahren gewarnt, falls keine weiteren Mittel für die Ukraine bewilligt würden, sagte der demokratische Mehrheitsführer im US-Senat, Chuck Schumer, dem Sender CNN zufolge. "Es gab einen einzigen Satz, der alles zusammenfasst, und ich zitiere ihn wörtlich: 'Wenn wir die Hilfe nicht bekommen, werden wir den Krieg verlieren.'"
Streit über Ukraine-Hilfen
Der republikanische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, hatte sich vor Selenskyjs Besuch auf die Frage nach weiterer Unterstützung reserviert geäußert. "Wurde Selenskyj in den Kongress gewählt? Ist er unser Präsident? Das glaube ich nicht", sagte er. Sein Parteikollege Mitch McConnell versuchte hingegen zu betonen, dass die Waffenlieferungen sich auch für die Amerikaner lohnten. Der Minderheitsführer im Senat sagte vorab, dass auch die US-Wirtschaft von den Waffenbestellungen profitiere.
Zwar steht die Mehrheit der Republikaner im Kongress hinter der Unterstützung für die Ukraine. Vor allem rechte Hardliner stellen sich aber dagegen. Weil die Republikaner jedoch nur eine knappe Mehrheit im Repräsentantenhaus haben, sind sie in der aktuellen Gemengelage besonders mächtig.
Der demokratische US-Präsident Biden hatte zuletzt eine neue Milliardensumme für die Ukraine beim Kongress beantragt. Es ist offen, in welcher Form seiner Bitte entsprochen wird, denn im Kongress tobt der jährliche Streit um den Haushalt. Bis Ende September muss ein neuer Bundeshaushalt beschlossen werden, sonst droht ein erneuter "Shutdown" - also ein Stillstand der Regierungsgeschäfte.
Forderung nach ATACMS-Raketen
Selenskyj dürfte in Washington vor allem seine Forderung nach Raketen des Typs ATACMS erneuern. Dabei handelt es sich um eine Kurzstreckenrakete mit bis zu 300 Kilometern Reichweite. Sie werden vom Boden aus gegen Ziele am Boden abgefeuert. Sein Land plane nicht, damit Moskau oder andere Ziele auf russischem Boden anzugreifen, betonte er zuletzt. Die US-Regierung hält eine Lieferung für möglich, hat nach Angaben aus dem Weißen Haus aber noch keine Entscheidung dazu getroffen.
Angesichts der zunehmenden Kriegsmüdigkeit in den USA und in anderen Teilen der Welt schlug Selenskyj zuletzt weniger forsche Töne an als in den ersten Monaten des Krieges. Mit Blick auf seinen Wunsch nach ATACMS sagte er im CNN-Interview, er sei nicht in die USA gekommen, um mehr zu verlangen, sondern um Danke zu sagen für alles, was die Vereinigten Staaten und andere bereits geleistet hätten. "Sie haben uns in dieser schwierigen Zeit so sehr unterstützt."