Brasilien Parlament stimmt gegen indigene Schutzgebiete
Das brasilianische Parlament hat die Ausweisung indigener Schutzgebiete deutlich erschwert. Es überstimmte ein Veto von Präsident Lula und bestätigte damit weite Teile eines umstrittenen Gesetzes.
Der brasilianische Kongress hat ein Veto von Präsident Luiz Inácio Lula da Silva überstimmt, um ein Gesetz zur Aufhebung des Schutzes von Landrechten der indigenen Völker wieder in Kraft zu setzen. Lula da Silva hatte im Oktober sein Veto gegen wesentliche Passagen des vom Kongress verabschiedeten Gesetzes eingelegt, das Landrechte indigener Menschen bedroht. Abgeordnete und Senatoren stimmten mit deutlicher Mehrheit erneut für das Gesetz. Damit setzten sich Anhänger des früheren Präsidenten Jair Bolsonaro und dessen Verbündete in der mächtigen Agrarindustrie durch.
Nun kann künftig nur Land als Schutzgebiet ausgewiesen werden, das am Tag der Verkündung der Verfassung am 5. Oktober 1988 von indigenen Völkern bewohnt wurde. Kritiker bemängeln, dass Indigene so keine Stammesgebiete mehr zurückbekommen könnten, aus denen sie bereits zuvor vertrieben worden waren.
Schutzgebiete dürfen nicht erweitert werden
Zudem sieht das neue Gesetz vor, dass bereits bestehende Schutzgebiete nicht erweitert werden dürfen. Darüber hinaus können Eindringlinge, die indigene Gebiete zurückgeben müssen, nun Anspruch auf Entschädigung anmelden. Juristischer Streit über das neue Gesetz dürfte jedoch andauern.
Seit seinem Amtsantritt im Januar hat der linksgerichtete Lula da Silva Forderungen indigener Völker deutlich mehr Aufmerksamkeit gewidmet als sein rechtsgerichteter Vorgänger Bolsonaro. Ohne Mehrheit im Kongress ist er aber starkem Druck seitens konservativer Abgeordneter ausgesetzt, die sich seiner umweltpolitischen Agenda widersetzen. Sie werden von der mächtigen Agrarindustrie unterstützt.
Indigener Dachverband will klagen
Der Oberste Gerichtshof hatte das zugrundeliegende Konzept der zeitlichen Begrenzung indigener Ansprüche bereits für verfassungswidrig erklärt. Der indigene Dachverband Apib kündigte an, erneut vor das Oberste Gericht zu ziehen.
Auch die Ministerin für indigene Völker, Sônia Guajajara, kritisierte die Entscheidung des Parlaments. "Die Geschichte der indigenen Völker ist von Widerstand geprägt. Heute haben wir im Kongress nicht das Ergebnis erzielt, das wir wollten, aber glaubt nicht, dass wir deshalb den Tag als Besiegte beenden", schrieb sie auf X, ehemals Twitter.
Schlüsselrolle im Kampf gegen Abholzung
Indigene Volksgruppen können im Kampf gegen Abholzung und den Klimawandel eine Schlüsselrolle spielen. Wo indigene Gemeinschaften über verbriefte Rechte verfügen, werden deutlich weniger Flächen abgeholzt als in anderen Gebieten. Dies geht aus einer Studie der Welternährungsorganisation (FAO) und des Entwicklungsfonds der indigenen Völker in Lateinamerika und der Karibik (Filac) hervor.
In Brasilien leben mehr als 300 indigene Völker mit insgesamt 1,6 Millionen Menschen.