Brasilien Oberstes Gericht stärkt Rechte indigener Völker
Der Oberste Gerichtshof in Brasilien hat ein gegen die Interessen indigener Gemeinschaften im Amazonasgebiet gerichtetes Landgesetz kassiert. Damit stellen sich die Richter auch gegen die mächtige Agrarlobby.
Der Oberste Gerichtshof in Brasilien hat in einer wegweisenden Entscheidung den Anspruch indigener Völker auf die Ausweisung von Schutzgebieten gestärkt. Mit neun zu zwei Stimmen votierten die Richter gegen eine Verfassungsänderung, die von der Agrarlobby initiiert wurde. Damit wurde die sogenannte Stichtagsregelung für verfassungswidrig erklärt.
Nach dem umstrittenen Gesetz hätten indigene Gemeinschaften nur noch Land beanspruchen können, wenn sie beweisen können, dass sie bereits vor Inkrafttreten der brasilianischen Verfassung im Jahr 1988 dort gelebt haben. Indigene Gruppen hatten argumentiert, dass eine solche Vorgabe ihre Rechte verletze, da viele ihrer Vorfahren unter anderem während der Militärdiktatur in den Jahren 1964 bis 1985 von ihrem angestammten Land vertrieben worden seien.
"Unbezahlbare Schuld" der brasilianischen Bevölkerung
Die Richterin Cármen Lúcia verwies vor ihrer Stimmabgabe auf die "unbezahlbare Schuld" der brasilianischen Gesellschaft gegenüber den indigenen Völkern und stellte fest, dass "es keinen Rückschritt bei den anerkannten Rechten geben darf". Ihr Richterkollege Luiz Fux betonte: "Diese Ländereien müssen unter dem Schutz des Staates stehen."
Zahlreiche Indigene feierten die Entscheidung vor dem Gerichtsgebäude, wie im Fernsehen zu sehen war. "Ich bin erleichtert, dass wir unser Land zurückbekommen. Wir haben viel durchgemacht, ich kann nicht beschreiben, was ich fühle", sagte Jaciara Priprá vom Volk der Xokleng.
Steht Landbesitzern Entschädigung zu?
In der kommenden Woche wollen die Richter darüber verhandeln, was das für die mindestens 226 Fälle bedeutet, in denen Privatpersonen oder Unternehmen indigenes Land nach nun geltendem Recht illegal erworben haben. Trotz der jetzigen Entscheidung des Obersten Gerichtshofs könnte den Landbesitzern eine Entschädigung zustehen, sollten sie ihr Eigentum zurückgeben müssen.
Experten sehen die Schutzgebiete als Bollwerk gegen die Abholzung des Amazonas-Regenwalds - und somit als wichtigen Beitrag im Kampf gegen den Klimawandel.