Putschversuch vereitelt Boliviens Präsident bietet dem Militär die Stirn
Dramatische Stunden in Bolivien: Präsident Arce hat den Putschversuch des ehemaligen Armeechefs vereitelt. Der gescheiterte Staatsstreich zeigt, wie tief das Land in der Krise steckt.
Es sind chaotische, beunruhigende Szenen vor Boliviens Casa Grande, dem Präsidentenpalast in La Paz: Live auf TV-Bildern ist zu sehen, wie gepanzerte Fahrzeuge nicht nur vorfahren, sondern auch die Tür des Palastes rammen, Uniformierte marschieren auf. Mit dabei auch der ehemalige Armeechef Juan José Zúñiga, der sich Zugang zum Palast verschaffte und die Stimmung zusätzlich anheizte, indem er vor Medien erklärte, das Land könne so nicht weitermachen, es werde sicherlich ein neues Kabinett geben.
Gepanzerte Militärfahrzeuge stehen in den Straßen von La Paz.
"Die Streitkräfte wollen die Demokratie umstrukturieren, um sie zu einer echten Demokratie zu machen", sagte Zúñiga. Er beklagte, seit mehr als 30 Jahren werde das Land von einigen wenigen Eigentümern regiert.
Staatschef Luis Arce rief derweil auf der Online-Plattform X zur Achtung der Demokratie auf und forderte Zúñiga auf, die Truppen zu demobilisieren. In einer an Nachrichtenmedien übermittelten Videobotschaft, in der er flankiert von Regierungsmitgliedern auftrat, spricht Arce von einem Putschversuch: "Heute ist das Land erneut mit Interessen konfrontiert, die dazu führen, dass die Demokratie in Bolivien beschnitten wird." Er rief die Bolivianerinnen und Bolivianer dazu auf, sich gegen einen Staatsstreich und für die Demokratie zu mobilisieren.
Militärpolizei blockiert den Zugang zur Plaza Murillo.
Später ernannte der Staatschef demonstrativ drei neue Kommandeure für die bolivianischen Teilstreitkräfte. Der neu ernannte Armeechef José Wilson Sánchez befahl allen Truppen, die sich mobilisiert hatten, zu ihren Einheiten zurückzukehren. Solche Bilder auf den Straßen wolle niemand sehen, sagte er. Kurz darauf zogen sich die Truppen und gepanzerten Fahrzeuge zurück, gleichzeitig versuchten Demonstrierende, auf die zentrale Plaza vorzudringen und wurden von der Polizei zurückgedrängt.
Der ehemalige General Zúñiga war bereits am Tag vor seinem Aufmarsch abgesetzt worden, weil er sich offen politisch geäußert hatte und gefordert hatte, Ex-Präsident Evo Morales dürfe nicht erneut bei den kommenden Präsidentschaftswahlen kandidieren. Inzwischen wurde er festgenommen.
Die bolivianische Polizei hat den Anführer der Putschisten festgenommen: Juan Jose Zúñiga, ehemaliger Generalkommandant der Armee.
Die Frage aber bleibt: Was war da los? Klar ist: Bolivien steckte schon zuvor in einer tiefen wirtschaftlichen und politischen Krise. Einmal, weil die Erdgasreserven knapp werden, eben jener Rohstoff, der das Wirtschaftswachstum des Landes in den letzten 20 Jahren befeuerte. Dem Staat gehen die Devisen aus, im Land ist es kaum noch möglich US-Dollar zu tauschen, das sorgt für sozialen Unmut.
Dazu kommt eine politische Krise, und zwar zwischen Arce und seinem einstigen Mentor, Ex-Präsident Evo Morales und Gründer der Bewegung zum Sozialismus MAS. Beide reklamieren die Führung der heute gespaltenen Partei für sich. "Das ist die größte und stärkste Partei in der Geschichte Boliviens, die in den letzten Jahren die größten Wahlerfolge hatte", sagen Beobachter wie der Journalist Fernando Molina, "und nun gibt es einen sehr intensiven Bruderkrieg, das sorgt für Unmut und soziale Konflikte."
Und das gut ein Jahr vor den Präsidentschaftswahlen, bei denen sich Ex-Präsident Evo Morales erneut aufstellen will. Morales war 2019, zwei Monate vor Ablauf seiner Regierungszeit, aus dem Amt gezwungen worden. Er selbst sprach von einem Putsch gegen ihn.