Die Interimsregierung von Bolivien

Parlament in Bolivien Weg frei für Neuwahl - ohne Morales

Stand: 24.11.2019 04:45 Uhr

In Bolivien stehen die Zeichen auf Entspannung: Beide Parlamentskammern haben ein Gesetz verabschiedet, das den Weg für eine Neuwahl freimacht. Es schließt ein Comeback von Ex-Präsident Morales aus.

Von Ivo Marusczyk, Buenos Aires

In Bolivien ist der Weg zu Neuwahlen jetzt frei. Es könnte der entscheidende Schritt aus der schweren politischen Krise sein. Beide Kammern des Parlaments haben einem entsprechenden Gesetz zugestimmt. Dazu brauchte die konservative Übergangsregierung die Stimmen der "Bewegung für den Sozialismus" von Ex-Präsident Morales.

Sergio Choque, der Präsident der Abgeordnetenkammer, der der Morales-Partei angehört, rief seine Parteifreunde auf, die Differenzen für einen Moment beiseite zu lassen. "Jeder von uns hat viel dazu zu sagen, aber im Moment erwartet das Land eine Antwort von diesem Parlament und bei dieser Antwort geht es um Neuwahlen. Deswegen bitte ich von ganzem Herzen, entsprechend abzustimmen und - wie der Senat - auf die Neuwahl hinzuarbeiten." 

UN und EU als Vermittler

Beide Seiten hatten sich in schwierigen Verhandlungen auf diesen Schritt geeinigt. Die Vereinten Nationen, die EU und die Kirche waren dabei als Vermittler aufgetreten. UN-Unterhändler Jean Arnault sagte: "Wir hoffen, diese Vereinbarung wirkt als Nachricht des Vertrauens und der Beruhigung an die Zivilgesellschaft, an alle politischen und sozialen Kräfte." 

Und Leon de la Torre, der Botschafter der EU in Bolivien, ergänzte: "Das ist zweifellos der erste Schritt, damit Bolivien wieder auf seinen Weg zurückfindet, hin zu demokratischer Normalität und damit möglichst schnell freie, glaubwürdige und allgemeine Wahlen organisiert werden können." 

Die Wahlen vom 20. Oktober, bei denen internationale Beobachter klare Beweise für Wahlbetrug sehen, werden für ungültig erklärt. Evo Morales darf verfassungsgemäß bei der Neuwahl nicht mehr antreten. Seine Parteifreunde haben Garantien bekommen, dass sie keine politische Verfolgung für fürchten müssen.

Keine Gnade für Morales

Übergangspräsidentin Anez machte aber deutlich, dass das nicht für Morales selbst gilt. Im Gegenteil, gegen ihn liegt schon eine Klage vor. Die Aufnahme eines Telefonats soll belegen, dass er seine Anhänger vom Exil in Mexiko aus zu Gewalt und zu Blockaden aufgerufen haben soll. Allerdings ist nicht sicher, ob wirklich Morales zu hören ist. Als Beweis dürfte diese Aufnahme nicht taugen.  

Gleichzeitig begann die Übergangsregierung Gespräche mit der Protestbewegung. Daraufhin gab es in La Paz Anzeichen für eine Normalisierung der Lage. Die Morales-Anhänger begannen, Barrikaden zu räumen. Tankstellen können mittlerweile wieder mit Treibstoff beliefert werden. Seit der Wahl sind bei Unruhen 32 Menschen getötet worden, 17 von ihnen bei Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Polizei und Armee.

 

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 24. November 2019 um 05:11 Uhr.