Nach Putsch in Niger Bundesregierung warnt vor Eskalation
Die Bundesregierung hat die Putschisten in Niger davor gewarnt, die Lage etwa durch Gewalt gegen den entmachteten Präsidenten Bazoum zu verschärfen. Die Junta hat angesichts einer drohenden militärischen Intervention den nigrischen Luftraum gesperrt.
Anderthalb Wochen nach dem Putsch der Militär-Junta in Niger hat das Auswärtige Amt nochmals eindringlich vor einer Eskalation in dem afrikanischen Land gewarnt.
Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes wandte sich mit seinen Worten direkt an die Putschisten und warnte, dem entmachteten nigrischen Präsidenten Mohamed Bazoum oder dessen Angehörigen Gewalt anzutun. "Und deshalb möchte ich an dieser Stelle noch einmal unsere Botschaft an die Putschisten unterstreichen, dass sie mit scharfen persönlichen Konsequenzen rechnen müssen, sollte dem demokratisch gewählten Präsidenten Bazoum und seiner Familie etwas zustoßen", betonte der Sprecher. Dies würde Deutschland, "ebenso wie seine afrikanischen Partner", als Eskalation auffassen.
Konkrete Schritte, wie die Bundesregierung mit der Lage im Niger weiterhin umgehen will, nannte der Sprecher zwar nicht, stellte jedoch die Option nationaler oder internationaler Sanktionen in den Raum. Auch eine internationale Strafverfolgung sei denkbar. Frankreich hatte seine Entwicklungs- und Budgethilfe für Niger bereits einige Tage nach dem Putsch ausgesetzt.
Vor einer Woche hatte bereits die westafrikanische Staatengemeinschaft ECOWAS als Reaktion auf den Putsch eine Wirtschaftsblockade gegen Niger verhängt. Die EU unterstützt die Sanktionen. Dem Auswärtigen Amt zufolge zeigten die Strafmaßnahmen bereits "schmerzhafte Auswirkungen". So sei die Stromversorgung, welche Niger aus Nigeria bezieht, gekappt. Zudem gebe es Probleme mit dem Bargeldverkehr.
Frankreich und China raten von jeglichen Reisen ab
Auch Frankreich verschärfte nochmals seine Warnungen angesichts der Situation in Niger. Das französische Außenministerium rät von jeglichen Reisen in das Land ab und ruft auf seiner Webseite französische Staatsangehörige, die sich derzeit in Niger aufhalten, dazu auf, besonders wachsam zu sein. "Es ist wichtig, Reisen einzuschränken, sich von jeglichen Versammlungen fernzuhalten und sich regelmäßig über die Lage zu informieren", heißt es auf der Internetseite der Behörde.
Einen ähnlichen Aufruf veröffentlichte die chinesische Botschaft in Niger. Chinesische Staatsangehörige sollten Reisen nach Niger vermeiden, wenn diese nicht unbedingt notwendig wären. Chinesische Bürgerinnen und Bürger, die sich in dem Land befinden, rief die Botschaft dazu auf, nach China oder in ein Drittland auszureisen.
Junta sperrt Luftraum
Die Spannungen in Niger drohen nochmals zuzunehmen, da am Sonntag ein Ultimatum der ECOWAS ausgelaufen war: Die Staatengemeinschaft hatte gefordert, den entmachteten Präsidenten Bazoum bis zu diesem Tag wieder einzusetzen und die verfassungsmäßige Ordnung innerhalb einer Woche wieder herzustellen. Die Gruppe wolle ansonsten Maßnahmen ergreifen, die auch Gewalt beinhalten könnten, hieß es. Eine unmittelbare Militärintervention werde in diesem Stadium nicht ins Auge gefasst, verlautete aus ECOWAS-Kreisen.
Infolge eines möglichen Eingreifens hat die Junta in Niger den Luftraum des Landes geschlossen. In einer Mitteilung des Sprechers der Junta im nationalen Fernsehen hieß es, jeder Versuch, den Luftraum zu verletzen, werde sofort und energisch beantwortet.
Airlines setzen Flüge aus
Auf den internationalen Flugverkehr hat die Sperrung des Luftraums bereits erste Auswirkungen. Die Fluggesellschaft Air France teilte mit, Flüge von und nach Ouagadougou und Bamako, den Hauptstädten von Burkina Faso und Mali, seien bis vorerst 11. August ausgesetzt. Bei Verbindungen zu anderen Flughäfen in der Region müssten Passagiere mit verlängerten Flugzeiten rechnen.
Auch die Lufthansa und ihre Tochter Brussels Airlines fliegen Umwege um den nigrischen Luftraum, sodass Flüge nach Afrika bis zu dreieinhalb Stunden länger dauerten oder Tankstopps erforderlich seien, erklärten die Airlines.
"Rückschlag" für Mali-Abzug
Auch der geplante Abzug der Bundeswehrtruppen aus Mali werde die die Luftraumsperrung erschwert, teilte ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums mit. "Natürlich ist das Aussetzen der Fluggenehmigungen ab heute wieder eine Bremse für uns, ein Rückschlag", sagte er. Wie die Nachrichtenagentur dpa berichtete, konnte ein für einen Personalwechsel geplanter Flug eines Militärtransporters der Bundeswehr nicht wie geplant vom niedersächsischen Wunstorf aus starten.
Der Sprecher des Verteidigungsministeriums betonte aber zugleich, für die Soldatinnen und Soldaten auf dem Lufttransportstützpunkt in der nigrischen Hauptstadt Niamey stellte sich "keine grundsätzlich neue Lage dar". Es bestehe keine akute Bedrohung für die Kräfte der Bundeswehr. Der Lufttransportstützpunkt, auf dem sich rund 100 deutsche Soldaten aufhalten, ist Drehkreuz für den Abzug aus Mali bis Ende des Jahres.
Militärische Intervention ist umstritten
Noch hofft die Bundesregierung, dass der Konflikt in Niger mittels Vermittlungen durch ECOWAS mit den Putschisten beigelegt werden könne, hieß es aus dem Auswärtigen Amt. Die Wirtschaftsgemeinschaft arbeite weiter an einer diplomatischen Lösung und ziehe militärische Gewalt nur als letztes Mittel in Betracht. Auch das französische Außenministerium hatte bereits erklärt, die ECOWAS-Bemühungen zur Wiedereinsetzung Bazoums "fest und entschlossen" zu unterstützen.
Zumal eine militärische Intervention in der Region umstritten ist. Algeriens Präsident Abdelmadjid Tebboune warnte am Wochenende nach Angaben der Zeitung "El-Bilad" und der Nachrichtenseite Ennahar, ein militärisches Eingreifen im Niger könnte die gesamte Sahelzone destabilisieren. Eine Teilnahme Algeriens an einer militärischen Intervention schloss Tebboune demnach strikt aus. Algerien - der nördliche Nachbar Nigers - ist bei ECOWAS kein Mitglied und nicht an das Ultimatum der Staatengruppe gebunden. Nigers südlicher Nachbar, das wirtschaftliche und militärische Schwergewicht Nigeria, scheint unter Präsident Bola Tinubu auf ein entschlossenes Vorgehen gegen die Putschisten zu drängen.
Auch Burkina Faso und Mali hatten angekündigt, ein militärisches Eingreifen gegen die Militärmachthaber in Niger als "Kriegserklärung" zu betrachten. Frankreich setzte daraufhin auch seine Entwicklung- und Budgethilfe für Burkina Faso aus.