Nach Militärputsch in Niger Keine Anerkennung, Sanktionen und ein Ultimatum
Die Europäische Union wird nach Angaben ihres Außenbeauftragten Borrell die selbsternannten neuen Machthaber im Niger nicht anerkennen. Die Afrikanische Union hat den Putschisten ein Ultimatum gesetzt.
Die EU verweigert den aus dem Putsch im Niger hervorgegangenen Behörden die Anerkennung. "Die Europäische Union erkennt die Putsch-Behörden nicht an und wird sie auch nicht anerkennen", erklärte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell. Präsident Mohamed Bazoum sei demokratisch gewählt. "Er ist und bleibt daher der einzige rechtmäßige Präsident des Nigers", so Borell weiter. Die EU mache die Putschisten für seine Sicherheit und die seiner Familie verantwortlich.
Europäische Union friert Hilfen ein
Borrel sprach davon, dass man bereit sei, künftige Entscheidungen des westafrikanischen Staatenbunds ECOWAS - explizit auch die Annahme von Sanktionen - zu unterstützen. ECOWAS hatte die Machtübernahme zuvor "auf das Schärfste" zurückgewiesen. Der EU-Außenbeauftragte betonte zudem, dass sich der "inakzeptable Angriff auf die Integrität der republikanischen Institutionen Nigers" auf die Partnerschaft der EU mit dem Land auswirken werde.
So würden die Budgethilfe sofort eingestellt und alle Maßnahmen der Zusammenarbeit im Sicherheitsbereich auf unbestimmte Zeit ausgesetzt. Niger war bislang Empfänger umfangreicher westlicher Hilfen und Partner der EU bei der Eindämmung der Migration aus den afrikanischen Ländern südlich der Sahara. Die EU hatte 503 Millionen Euro Fördermittel für Niger im Haushalt für die Zeitspanne 2021 bis 2024 bereitgestellt.
Frankreich setzt Budgethilfe an den Niger aus
Und auch Frankreich hat mittlerweile seine Budgethilfe an das westafrikanische Land ausgesetzt. Auch alle Aktionen der Entwicklungshilfe würden mit sofortiger Wirkung suspendiert, teilte das französische Außenministerium am frühen Abend mit. Paris fordere die sofortige Rückkehr zur verfassungsmäßigen Ordnung um den gewählten Präsidenten Bazoum herum. Zuvor hatte Frankreichs nationaler Sicherheits- und Verteidigungsrat unter Vorsitz von Staatschef Emmanuel Macron über die Lage im Niger gesprochen.
Für die ehemalige Kolonialmacht Frankreich war der Niger zuletzt ein wichtiger Partner in seinem Anti-Terror-Kampf in der Sahelzone, nachdem die Militärmachthaber in Mali und Burkina Faso den Abzug französischer Truppen gefordert hatten. Paris hat im Niger und im benachbarten Tschad etwa 2500 Soldaten stationiert.
Afrikanische Union setzt Putschisten Ultimatum
Die Afrikanische Union hat den Putschisten in Niger ein Ultimatum gesetzt. Bis zu 15 Tage nach dem Staatsstreich hätten die Soldaten Zeit, um in ihre Kasernen zurückzukehren und die verfassungsmäßige Ordnung im Land wiederherzustellen. So steht es in einer Erklärung der Organisation, deren Sitz im äthiopischen Addis Abeba liegt.
Der Friedens- und Sicherheitsrat der Afrikanischen Union verurteile mit großer Entschiedenheit die Machtübernahme des Militärs in Niamey und forderte die sofortige Freilassung des demokratisch gewählten Präsidenten Bazoum. Die Afrikanische Union behält sich vor, Sanktionen gegen die Putschisten zu verhängen, sollten diese die Rechte der politischen Gefangenen nicht achten.
USA bieten Bazoum "unerschütterliche" Unterstützung an
Auch die USA wollen für die Wiederherstellung der Demokratie in Niger sorgen. US-Außenminister Antony Blinken habe in einem Telefonat mit dem gestürzten Präsidenten Mohamed Bazoum erklärt, Amerika wolle die Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung sicherstellen, teilte das Außenministerium in Washington am Freitag mit. Die USA boten Bazoum ihre "unerschütterliche" Unterstützung an.
Die USA arbeiteten weiter daran, die "vollständige Wiederherstellung der verfassungsgemäßen Ordnung und der demokratischen Regierung in Niger" zu gewährleisten, erklärte Blinkens Sprecher Matthew Sullivan. Blinken warnte die Putschisten zudem, Hunderte Millionen Dollar an Hilfe für das Land stünden auf dem Spiel.
Putschisten setzen Verfassung außer Kraft
Am Mittwoch hatten Offiziere von General Omar Tchianis Eliteeinheit den demokratisch gewählten Präsidenten Bazoum festgesetzt und für entmachtet erklärt. Tchiani ernannte sich am Freitag selbst zum neuen Machthaber. Kurz nach Tchianis Machtübernahme als De-facto-Präsident setzten die Putschisten die Verfassung des westafrikanischen Landes außer Kraft und lösten alle verfassungsmäßigen Institutionen auf. Im Anschluss habe Tchiani begonnen, die Bildung einer neuen Regierung einzuleiten, hieß es vonseiten der Putschisten.
Tchiani begründete den Umsturz mit einer seinen Angaben zufolge unter Bazoum erfolgten Verschlechterung der Sicherheitslage als auch der ökonomischen sowie sozialen Situation im Land. Wegbegleiter des gefangenen Präsidenten Bazoum entgegnen, Tchiani sei dafür als Teil des Sicherheitsapparats mitverantwortlich.
Bazoum war der erste Staatschef des seit dem Ende der französischen Kolonialherrschaft im Jahr 1960 unabhängigen Niger, der durch eine friedliche Machtübergabe auf den Posten gelangt war.
Niger hat wie seine Nachbarstaaten Mali, Burkina Faso und Nigeria mit dschihadistischen Terroristen zu kämpfen. Auch die Bundeswehr bildete nigrische Soldaten aus. Die demokratische Regierung in Niamey war einer der letzten verbliebenen westlichen Verbündeten in der Region.
Mit Informationen von Jean-Marie Magro, ARD-Studio Nordwestafrika