Von Storch über drohenden EU-Fraktionsausschluss "Wir haben keinen Grund, zu gehen"
Die europaskeptische ECR-Fraktion will, dass die beiden AfD-Parlamentarier Beatrix von Storch und Marcus Pretzell die Gruppe verlassen. Die wollen aber nicht kampflos gehen - und beschuldigen Angela Merkel.
Die Erklärung der europaskeptischen ECR-Fraktion ist eigentlich recht klar: Man habe die AfD am Dienstagabend gebeten, die Fraktion bis Ende März zu verlassen. Andernfalls werde am 12. April über einen Ausschluss abgestimmt. Die Antwort von AfD-Politikerin Beatrix von Storch fällt allerdings auch deutlich aus. "Wir haben keinen Grund, zu gehen."
Von Storch will es offenbar darauf ankommen lassen, dass die Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer sie und den zweiten AfD-Europaabgeordneten Marcus Pretzell rauswirft. Dass vor allem ihre kontroversen Aussagen zum Schusswaffeneinsatz gegen Flüchtlinge, auch Frauen und Kinder, schuld am Bruch mit der ECR-Fraktion sind, sieht von Storch nicht: "Es ging irgendwann mal ums Schießen, dann um Russland mit den Polen, zum Schluss war unsere Verbindung zur FPÖ ausschlaggebend. Es wurde immer wieder ein anderes Argument vorgetragen."
Merkel und Cameron sollen schuld sein
Stattdessen wirft von Storch Bundeskanzlerin Angela Merkel vor, eine regelrechte internationale Intrige gegen die AfD im EU-Parlament zu betreiben: Zusammen mit dem britischen Premier David Cameron, dessen Tory-Partei die ECR-Fraktion gegründet hat, sei Druck hinter den Kulissen gemacht worden, um der AfD zu schaden, so von Storch.
"Frau Merkel muss die Landtagswahlen am Wochenende irgendwie überstehen, dafür muss die AfD geschädigt werden, und David Cameron versucht seinen Brexit zu verhindern und braucht dafür die Unterstützung von Frau Merkel", sagte von Storch. "Da haben sich zwei gefunden."
AfD-Gründer Lucke bestreitet Rachefeldzug gegen alte Partei
Bernd Lucke, der die AfD einst gegründet hat, sieht das anders. Lucke gehört der ECR-Fraktion inzwischen mit seiner neuen Partei ALFA an. Ausschlaggebend für den angedrohten Rauswurf sei eindeutig gewesen, dass die AfD den Schusswaffengebrauch gegen Flüchtlinge gefordert habe.
"Auch die Tatsache, dass die AfD sich in einer 'blauen Allianz' mit der Freiheitlichen Partei Österreichs zusammengeschlossen hat, die hier im Europaparlament zu den rechtsradikalen Gruppierungen zählt, war inakzeptabel", sagte Lucke. Deswegen seien die Abgeordneten der AfD aufgefordert worden, die ECR zu verlassen.
Ein Rachefeldzug gegen seine alte Partei, von der er sich im Streit über deren rechtskonservativen Kurs getrennt hat, sei das allerdings nicht, so Lucke. Er habe an keiner Sitzung zum Thema AfD-Ausschluss teilgenommen. "Ich habe auch keine Lobbyarbeit bei irgendwelchen Abgeordneten betrieben, denn ich bin natürlich in gewisser Hinsicht Betroffener des Rechtsdralls der AfD. Ich wollte klar machen, dass das eine Entscheidung der ECR bezüglich ihrer Werte ist, kein Kampf, der zwischen den deutschen Abgeordneten ausgefochten wird", sagte Lucke.
Le Pen wäre eine mögliche Alternative
Sollten die beiden AfD-Abgeordneten tatsächlich aus der Fraktion ausgeschlossen werden, bekämen sie zunächst weniger Geld aus dem Etat des EU-Parlaments überwiesen. Außerdem hätten sie ohne die ECR, die die drittstärkste Fraktion im Parlament ist, deutlich weniger Einfluss und weniger Redezeit. Allerdings könnten sich von Storch und Pretzell zwei anderen rechtskonservativen Fraktionen anschließen: Der Gruppe um den Europaskeptiker Nigel Farage von der britischen UKIP-Partei oder der rechtsextremen Gruppe um Marine Le Pen vom französischen Front National.