Weniger Beruhigungsmittel Virtual Reality reduziert Angst bei OPs
VR-Brillen könnten bald im OP-Saal zum Einsatz kommen. Sie sollen Patienten die Angst nehmen - und so bei Operationen mit lokaler Betäubung den Einsatz von Beruhigungsmitteln deutlich reduzieren. Von Ellen Diez.
VR-Brillen könnten bald im OP-Saal zum Einsatz kommen. Sie sollen Patienten die Angst nehmen - und so bei Operationen mit lokaler Betäubung den Einsatz von Beruhigungsmitteln deutlich reduzieren.
Ein chirurgischer Eingriff ist für die meisten Patientinnen und Patienten ein nervenaufreibendes Ereignis, das durchaus auch Angst machen kann. Eine Virtual-Reality-Brille (VR-Brille) könnte möglicherweise dabei helfen, im OP-Saal die Angst zu nehmen. Man käme dann mit weniger Beruhigungsmitteln aus.
Spezialfall örtliche Betäubung
Kurz nachdem bei der Vollnarkose das Betäubungsmittel in die Venen eingeleitet wurde, bekommen die Patientinnen und Patienten in der Regel nichts mehr mit. Anders sieht es bei Operationen mit örtlicher Betäubung aus, wie beispielsweise bei einem chirurgischen Eingriff an den Armen oder Beinen.
Damit die Patientinnen und Patienten an der entscheidenden Stelle keinen Schmerz mehr verspüren, wird ein Betäubungsmittel um den gewünschten Nerv herum injiziert, sodass über diesen Nerv keine Reize ans Gehirn geleitet werden können.
Bei solchen künstlichen Nervenblockaden bleiben die Betroffenen allerdings bei vollem Bewusstsein. Damit Angst und Panik nicht die Kontrolle übernehmen, findet im Normalfall zusätzlich noch eine Sedierung statt: Die Patienten bekommen Beruhigungsmittel verabreicht, die das Zentralnervensystem dämpfen. Sie werden schläfrig und fallen in eine Art Dämmerzustand.
Sedierung hat Nachteile
In den allermeisten Fällen verläuft eine Sedierung unkompliziert. Trotzdem bestehen gewisse Risiken, die besonders Ältere und Schwache betreffen können. Die Beruhigungsmittel verlangsamen nämlich die Atmung und verringern die Körpertemperatur. Sind sie zu hoch dosiert, kann damit möglicherweise ein Atemstillstand ausgelöst werden. Außerdem nimmt der Blutdruck durch die Sedierung ab.
Virtual Reality als unkonventioneller Lösungsansatz
Wie kann also die Unruhe der Betroffenen gelindert werden, ohne hochdosierte Medikamente einzusetzen und damit Nebenwirkungen zu riskieren? Forschende der Universität Colorado haben eine VR-Brille für diese Anwendung getestet. Die Patientinnen und Patienten konnten während der Operation zwischen verschiedenen virtuellen Räumen wechseln. Das Angebot reichte dabei von friedlichen Landschaften über Meditationen bis hin zu Freilichtkinos.
Diese Illusionen konnten die Betroffenen tatsächlich beruhigen - deswegen konnten die Beruhigungsmittel geringer dosiert werden. Trotz weniger Medikamenten nahm die Angst bei den Menschen dank VR nicht zu. Außerdem erwachten die Patienten mit VR-Brille - und daher geringerer Dosis - schneller aus dem Dämmerschlaf. Selbst während der Operation war dieser so schwach, dass die Testpersonen ansprechbar waren.
In Zukunft könnten Patientinnen und Patienten also bei Operationen ohne Vollnarkose mit VR in fremde Welten abtauchen. In einzelnen deutschen Kliniken gibt es schon Vorstöße in diese Richtung. Trotzdem gehen die Forschenden davon aus, dass Beruhigungsmittel auch weiter zum Einsatz kommen werden, gerade vorbereitend auf die Vollnarkose.
VR bei Phobien oder OP-Training
Abgesehen davon hat VR auch in anderen Bereichen der Medizin Potential. Chirurginnen und Chirurgen könnten irgendwann zum Beispiel VR-Brillen tragen, um damit realitätsgetreu ins Innere eines Menschen zu blicken. Schon bei der Planung eines Eingriffs soll Virtual Reality helfen, genau wie auch beim Unterrichten von Medizinstudierenden.
Bereits heute kann Virtual Reality auch eingesetzt werden, um Phobien zu bekämpfen. Wenn Patientinnen und Patienten mit realistischen Spinnen, Nadeln, Menschenmassen oder Höhen konfrontiert werden, hilft ihnen das dabei, ihre Ängste davor abzubauen. Ein weiterer Anwendungsbereich betrifft die Augenheilkunde: Mit VR-Geräten sollen irgendwann Tests stattfinden, die die Qualität des Sehens - Sehstärke, Sichtfeld, Farben und so weiter - unkompliziert erfassen können.