Erneuerbare Energien So steht es um die Windkraft in Deutschland
Könnte es infolge des Klimawandels in Deutschland künftig weniger windig sein? Nein, sind sich Experten einig - der Ausbau der erneuerbaren Energien sei nicht gefährdet.
Der Umstieg auf erneuerbare Energien läuft gut - darin sind sich die meisten Beobachter einig. Bis zum Jahr 2030 sollen mindestens 80 Prozent des verbrauchten Stroms in Deutschland aus ihnen stammen. Beim Ausbau von Windkraft gab es die Sorge, dass der Klimawandel selbst einen Strich durch die Rechnung machen könnte. Ein Szenario: In Deutschland könnte der Wind durch ein verändertes Klima abnehmen. Das Jahr 2021 schien das zu untermauern, es war besonders windstill.
Renate Hagedorn vom Deutschen Wetterdienst aber gibt Entwarnung. Das Jahr 2023 war demnach das windreichste seit 2007. Auch 2022 hätte es sehr viel Wind in Deutschland gegeben. "Das heißt, die Befürchtungen treffen nicht zu, dass wir nach dem windarmen Jahr 2021 hierzulande mit grundsätzlich abnehmenden Windgeschwindigkeiten rechnen müssen", so Hagedorn.
Mittlere Windgeschwindigkeit konstant
Ganz so einfach sei das nicht, sagt Patrick Ludwig vom Karlsruher Institut für Technologie. Er ist Meteorologe und forscht zu zukünftigen Windverhältnissen in Deutschland und Europa. Sowohl ein Flautejahr, wie 2021, oder ein sehr windreiches Jahr, wie 2023, zeigten noch keine langzeitlichen Trends an.
Der Deutsche Wetterdienst sieht beim Vergleich mit älteren Daten bis 1950 aber auch kaum Veränderungen in der durchschnittlichen Windgeschwindigkeit. Und auch Meteorologe Ludwig ist vorsichtig zuversichtlich - denn bei allen relativen Unsicherheiten sagten verschiedene Studien und Modellierungen für die Zukunft zumindest alle aus, "dass die Änderungen, was den mittleren Wind in Deutschland angeht, relativ gering ausfallen werden".
Windiger Winter, windstiller Sommer
Das gilt jedoch nur für die durchschnittliche Windgeschwindigkeit in einem Jahr. Über das Jahr verteilt wird es Unterschiede geben, so Ludwig: "Wir werden wahrscheinlich im Winter mehr und im Sommer dafür weniger Wind haben, wodurch wir im Mittel allerdings wieder ungefähr auf die gleichen Windgeschwindigkeiten kommen werden." Das bestätigt so auch der Deutsche Wetterdienst.
Energiewende nicht gefährdet
Für den Umstieg auf erneuerbare Energien ist das nicht zwangsläufig ein Problem. Zwar könnte im Sommer teilweise so wenig Wind sein, dass die Turbinen gar nicht anspringen. Diese Windarmut sei durch höhere Sonnenenergie in der Jahreszeit aber kompensierbar.
Und auch, dass es im Winter mehr Wind geben wird, stellt für die Windindustrie nicht notwendigerweise ein Problem dar. Obgleich Windturbinen bei Sturm oder Orkan häufig abgeschaltet werden, um eventuelle Schäden an den Anlagen zu verhindern, bedeutet mehr Wind nicht notwendigerweise auch mehr Stürme.
Heftigere Stürme, aber weniger häufig
Bei der zukünftigen Windentwicklung laufen zwei Prozesse gegeneinander. Zum einen werden in ungefähr zehn bis 15 Kilometern Höhe Temperaturunterschiede zunehmen. Dadurch können einzelne Stürme zukünftig stärker werden.
Da der Temperaturunterschied zwischen dem Äquator und den Polen nicht mehr so groß ist, wird es, auch in Deutschland, jedoch seltener zu Stürmen kommen. Die Zeiten, in denen die Windturbinen wegen zu hohen Windgeschwindigkeiten abgeschaltet werden, nehmen so zukünftig möglicherweise sogar ab.
Rückenwind bei Windenergie
Auch Renate Hagedorn vom Deutschen Wetterdienst sieht trotz Klimawandel und windärmeren Sommermonaten die Energiewende nicht als gefährdet an. Dadurch, dass auch offshore, also auf See, die Windgeschwindigkeiten insgesamt stabil blieben, war auch das Jahr 2023 nicht nur ein Erfolg für die Photovoltaik, sondern auch für die Windkraft.
"Dieser, man kann sagen, meteorologische Rückenwind hat neben dem Ausbau der Windkraft auch dazu beigetragen, dass die Brutto-Stromerzeugung aus Windkraft 2023 insgesamt gut zehn Prozent höher war als 2022."