Leihräder in Stockholm Mit E-Bikes zur Verkehrswende
Bis 2030 will Stockholm klimaneutral sein. Um das ambitionierte Ziel zu erreichen, setzt die Stadt nun auch auf Leih-E-Bikes. Sie sind überraschend günstig zu mieten und sollen das Auto ersetzen. Kann das funktionieren?
Von Lea Busch, ARD-Studio Stockholm
Axel Andrén ist begeistert: "Ich habe mir die App auf mein Handy heruntergeladen, ein Benutzerkonto eingerichtet und dann das Tagesticket gekauft", sagt der Stockholmer. "Jetzt scanne ich meinen Barcode und entsperre das Fahrrad - sehr einfach", erklärte er und schiebt das Fahrrad aus der Rad-Station in der Innenstadt von Stockholm.
Nur ein Euro pro Tag
"Stockholm E-Bikes" steht in weißen Lettern auf dem dicken schwarzen Rahmen. Andrén benutzt heute zum ersten Mal eines der elektrischen Räder, die die Stadt seit einigen Wochen zum Mieten anbietet. "Es kostet nur elf Kronen pro Tag - das ist doch unvorstellbar!" Elf Kronen, das sind umgerechnet rund ein Euro Grundgebühr. Für einen Tag, 90 Freiminuten inklusive. Danach zahlt man pro Stunde. Im Jahresabo kostet es 16 Euro.
Ein paar Räder weiter entsperrt auch der Stockholmer Taylor Noor eines der E-Bikes. Er nutzt sie fast jeden Tag. "Man muss kein eigenes mehr Fahrrad haben, um das man sich dann auch kümmern muss. Ich habe mein Büro direkt dort oben. Hier kann ich mir einfach schnell ein Fahrrad nehmen, da hinfahren, wo ich hin muss und es dann wieder hier abstellen."
Spikes für den skandinavischen Winter
Momentan stehen in Stockholm etwa 750 solcher Räder verteilt auf rund 70 Park-Stationen. Im Laufe der nächsten Monate sollen es noch mal deutlich mehr werden. Vor allem in den Vororten. Auch Lasten-E-Bikes sollen dazu kommen. Im Winter wird das Angebot etwas abgespeckt, dafür bekommen die Reifen dann Spikes, damit die Menschen trotz Eis und Glätte fahren können.
Die Stadt Stockholm hat das Projekt initiiert. Denn die öffentlichen Verkehrsmittel in der Stadt - also die Busse, U-Bahnen und Züge - sind oft voll und eng. "Viele entscheiden sich deshalb doch dafür, das Auto zu nehmen. Es handelt sich bei den E-Bikes also um eine Ergänzung zu den öffentlichen Verkehrsmitteln", sagt Daniel Helldén von den Grünen. Er ist zuständig für Verkehr in Stockholm.
Vorbild Kopenhagen
Abgeschaut habe man sich das Konzept in Kopenhagen. Dort gibt es schon länger E-Bikes zum Mieten. Sie sind Bestandteil der Verkehrswende hin zu weniger CO2-Emissionen, heißt es auf der Webseite von Copenhagen City Bikes. Wobei die Miet-Preise deutlich über denen in Stockholm liegen.
Technische Probleme
Die Stockholmer E-Bikes, also eine richtige Erfolgs-Geschichte? Ja und nein. Denn neben dem Ausbau und den günstigen Preisen, gab es große Startschwierigkeiten. Zu wenig Räder, dann waren sie kaputt und die App funktionierte auch nicht immer. Es hagelte Beschwerden von verärgerten Nutzern.
An der E-Bike Station im Stockholmer Zentrum fluchen gerade Tina und Steve aus England, die sich mit den E-Bikes die Stadt angeguckt haben, aber sie wegen einer Fehlermeldung in der App nicht abstellen können. "Wir haben es wohl acht Mal versucht", sagt Steve. "Das hat fünf bis zehn Minuten gedauert. Jetzt bin ich über mein Limit und muss eine weitere Stunde zahlen, weil ich das Rad nicht abstellen und die Tour beenden konnte."
Ziel: Klimaneutralität bis 2030
Verkehrspolitiker Helldén weiß um die Probleme, auch, dass sie bis heute nicht alle gelöst sind. Dennoch betont er, das Konzept an sich sei richtig, und auch die Technik werde man noch in den Griff bekommen. "Dies wird ein sehr wichtiges Puzzlestück für die smarte Mobilität in der Stadt sein."
Es gebe bereits E-Scooter, die von Privatunternehmen betrieben werden. Dazu kämen jetzt die elektrischen Fahrräder und natürlich alle privaten Fahrräder. "Das wird dazu führen, dass der Radverkehr in Stockholm erheblich zunimmt. Wir erleben heute schon einen starken Anstieg, aber wir erwarten, dass er in den nächsten 15 Jahren um 100 Prozent steigen wird", sagt Helldén.
Das dürfte auch notwendig sein, denn Stockholm hat sich ein ambitioniertes Ziel gesetzt: Bis 2030 will die Stadt klimaneutral sein.