Europäische Arzneimittel-Agentur Empfehlung für Alzheimer-Medikament abgelehnt
Der Wirkstoff Lecanemab galt als Hoffnungsträger im Kampf gegen Alzheimer. Nun wurde eine Empfehlung des Medikaments von der EU-Zulassungsbehörde abgelehnt - mit einer klaren Begründung.
Die EU-Arzneimittelbehörde EMA hat eine Empfehlung des Alzheimer-Wirkstoffs Lecanemab abgelehnt. Der zuständige Ausschuss befand nach Mitteilung der Behörde, "dass der beobachtete Effekt des Präparats beim Abbremsen des kognitiven Verfalls das Risiko von ernsthaften Nebenwirkungen [...] nicht aufwiegt".
Alzheimer gilt als unheilbar, lediglich Symptome wie etwa Unruhe konnten bislang medikamentös behandelt werden. In Deutschland sind Schätzungen zufolge etwa eine Million Menschen von Alzheimer betroffen.
Medikament kann Alzheimer abbremsen
Lecanemab - Handelsname Leqembi - sollte das erste Medikament in Europa sein, das das Fortschreiten der Krankheit verlangsamt. Der Antikörper wird in die Vene gespritzt und löst dann im Hirn Vorstufen der Eiweiß-Ablagerungen auf, die als Hauptursache von Alzheimer gelten.
Studien hatten gezeigt, dass das Mittel den kognitiven Verfall bei einem sehr begrenzten Kreis von Alzheimer-Patienten um 27 Prozent verlangsamt. Für bestimmte Patienten birgt die Behandlung jedoch schwere Nebenwirkungen: Bei fast 13 Prozent der Studienteilnehmer wurde Leqembi mit einer gefährlichen Art von Gehirnschwellung in Verbindung gebracht.
Fachleute verwundert über Entscheidung
Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) kritisierte die Entscheidung der EMA: "Damit beschreitet Europa nicht nur einen Sonderweg, sondern befördert auch eine Zweiklassenmedizin", teilte sie in einer Erklärung mit. Wer es sich leisten könne, würde das Medikament über die internationale Apotheke beziehen und sich in Deutschland verabreichen lassen.
Neurologe Wenzel Glanz, leitender Arzt der Gedächtnissprechstunde der Uniklinik Magdeburg, zeigte sich gegenüber der Nachrichtenagentur dpa überrascht: "Wir hatten uns schon auf die Infusionstherapien eingestellt."
Erneute Prüfung angestrebt
In den USA hatte das Medikament vergangenes Jahr eine vollständige Zulassung erhalten, war dort aber nur zögerlich angenommen worden. Wissenschaftler hatten davor bereits vor Nebenwirkungen wie Hirnschwellungen und Blutungen gewarnt.
Die Empfehlung der Behörde ist notwendig für die Zulassung von Medikamenten in der EU. Der US-Biotechkonzern Biogen und sein japanischer Partner Eisai zeigten sich enttäuscht über die Ablehnung und erklärten, dass sie eine erneute Prüfung anstreben.