Genetische Veranlagung Warum Urin nach dem Spargelessen stinkt
Kurz nach dem Verzehr von Spargel riecht es streng auf der Toilette. Dieses Phänomen kennen viele Menschen, aber nicht alle. Ob es riecht oder nicht, ist genetisch bedingt.
Es riecht nach einer Mischung aus verfaulten Eiern und gammeligem Gemüse - so oder so ähnlich beschreiben Menschen den Geruch von "Spargel-Urin". Denn bei einigen riecht der Urin anders als sonst, kurz nachdem sie Spargel gegessen haben.
Die Ursache für den unangenehmen Geruch liegt in einer in Spargel enthaltenen Säure, die "Asparagussäure". Sie ist aber nur indirekt für den Spargelgeruch verantwortlich: Verschiedene Enzyme im Verdauungstrakt, der Leber und den Nieren können diese Säure abbauen. Dabei entstehen "Abfallprodukte", wie zum Beispiel Methanthiol, Dimethylsulfid oder Dimethylsulfoxid. Die Summe der vielen entstehenden chemischen Verbindungen ergibt dann den typischen Geruch im Urin.
Manche produzieren die Verbindungen nicht, andere riechen sie nicht
Nicht alle Menschen besitzen die Enzyme, die für diesen Vorgang verantwortlich sind, und auch nicht alle Menschen sind in der Lage, den Geruch von Spargel im Urin wahrzunehmen. "Unterschieden werden Personen, die die geruchlich wahrnehmbaren Substanzen produzieren, Personen, die sie wahrnehmen und Personen, die sie sowohl produzieren als auch wahrnehmen", erklärt der Lebensmittelchemiker Volker Böhm.
Eine Studie aus den USA hat sich mit der Frage beschäftigt, wie die Wahrnehmung des Geruchs mit der Genetik zusammenhängt. Forschende haben für diese Studie knapp 7.000 Menschen befragt. In einem ersten Schritt sollten die Menschen beantworten, ob sie den Geruch wahrnehmen. Das Ergebnis: 58 Prozent der Männer und 61,5 Prozent der Frauen gaben an, den Geruch kaum oder gar nicht zu bemerken - hierbei spricht man von einer Spargelanosmie. Der Rest der Befragten konnte einen "strengen charakteristischen Geruch im Urin" nach dem Verzehr von Spargel feststellen.
Die Forschenden analysierten die Genetik der Teilnehmenden. Sie konnten dabei Ergebnisse einer Studie bestätigen, die zu diesem Thema bereits durchgeführt wurde: Sogenannte "Polymorphismen" sind laut den Studien wohl dafür verantwortlich, dass nur bestimmte Menschen den "Spargel-Urin" riechen können. Unter "Polymorphismus" versteht man das Auftreten einer Genvariation. Im Gegensatz zur Genmutation tritt die Variation bei mindestens einem Prozent der Bevölkerung auf.
Hinweise auf Genvariationen
Die Forschenden fanden außerdem heraus, dass diese Genvariationen gehäuft in der Nähe von Geruchsrezeptor-Genen vorkamen - also den Genen, die für die Wahrnehmung von Gerüchen mitverantwortlich sind. Unklar ist, ob Menschen, die den Geruch nicht wahrnehmen, ebenfalls nicht in der Lage sind, die chemischen Verbindungen zu produzieren. Es könnte auch sein, dass manche Menschen einfach weniger sensibel auf den Geruch reagieren.
Die Autorinnen und Autoren der Studie schränken die Ergebnisse allerdings ein: In der Studie seien nur Menschen europäischer Abstammung befragt worden. "Es ist daher unklar, ob die Ergebnisse in außereuropäischen Populationen anders ausfallen würden."
Wenige Studien zur Spargel-Frage
Insgesamt ist die Studienlage zu dem Thema aber noch sehr dünn. "Letztlich ist das Phänomen bis heute nicht vollständig aufgeklärt", so der Lebensmittelchemiker Volker Böhm.
Bisher sind auch noch keine Maßnahmen bekannt, durch die sich der unangenehme Geruch nach dem Verzehr von Spargel verhindern lässt. Hierzu gibt es aber bereits erste Forschungsansätze. Doch bis es da Ergebnisse gibt, bleibt nur: Lüften - meistens ist der Geruch auch schnell wieder verflogen.