Corona-Folgen So kann Geruchsverlust bekämpft werden
Durch eine Corona-Erkrankung dauerhaft den Geruchssinn verlieren - für viele eine Horrorvorstellung, für einige bereits Realität. Aber was passiert da überhaupt? Und auf welche Therapien können Betroffene hoffen?
Die aktuelle Erkältungssaison startet laut Immunologen auf einem bemerkenswert hohen Niveau. Dabei verursachen die gewöhnlichen Erkältungsviren die meisten Infektionen, gefolgt von dem Coronavirus. Aber auch andere Viren wie RSV und Influenza sind auf dem Vormarsch.
Mit diesen Viren geht nicht nur eine Palette unmittelbarer Symptome einher, auch langfristige Krankheitsfolgen werden so wieder akut zum Thema - zum Beispiel der anhaltende Verlust des Geruchssinns. Ein Symptom, das seit der Corona-Pandemie verstärkt ins Zentrum neuer Untersuchungen gerückt ist. Geruchsverlust kann aber unter anderem auch nach Influenza-Infektionen auftreten, wie US-Forschende zuletzt zeigten.
In diesem Zusammenhang betont Thomas Hummel vom Arbeitsbereich "Riechen und Schmecken" des Uniklinikums Dresden, dass seit der Corona-Pandemie ein enormer Zulauf an Patienten bestehe, die ihren Geruchssinn verloren hätten: "In Deutschland allein sind es ein paar 100.000 Leute, die heute immer noch einen durch Corona bedingten Riechverlust aufweisen." Corona habe hier langfristig tiefe Spuren hinterlassen.
So schaden Corona-Viren unserem Geruchssinn
Was mit dem olfaktorischen System bei einer Corona-Infektion genau passiert, erklärt Mediziner Hummel wie folgt: "Der häufige Riechverlust durch Corona ist wahrscheinlich bedingt durch den spezifischen Mechanismus des Virus, dass das Virus so aggressiv an Stützzellen ansetzt, die sich in der Riechschleimhaut befinden."
SARS-CoV-2 scheint also nicht die Riechzellen selbst zu infizieren. Die Forschung legt vielmehr nahe, dass das Virus stattdessen die Stützzellen im sogenannten Riechepithel, das Gewebe in der Nasenschleimhaut, angreift: Im Riechepithel befinden sich die Riechzellen, umgeben von Stützzellen. "Das Virus geht an diese Stützzellen. Und die Stützzellen werden dann verschiedengradig behindert oder zerstört", sagt Hummel.
Die Zerstörung dieser Zellen führe zu Entzündungen, die wiederum die Riechzellen absterben lassen. Die Regeneration könne dann Wochen, Monate oder sogar Jahre dauern und sei manchmal gar nicht möglich.
Therapien bei Geruchsstörungen
Allgemein lassen sich Geruchsstörungen in drei Kategorien unterteilen. Wenn Betroffene nur eingeschränkt riechen können, wird das als "Hyposmie" bezeichnet. Bei der "Parosmie" tritt eine Art der Geruchsverzerrung auf. Können keinerlei Gerüche mehr wahrgenommen werden, wird das "Anosmie" genannt.
Abhängig davon, welche Form der Störung auftritt, variieren auch die Therapiemöglichkeiten. Antje Hähner, Riechforscherin am Universitätsklinikum Dresden, sagt zu möglichen Behandlungsmethoden: "Wir empfehlen den Patienten therapeutisch häufig das Riechtraining. Das heißt: ein Training mit vier Düften. Das klingt relativ banal, ist aber sehr wirksam."
Es gebe über 30 Studien, die hier eine Verbesserung des Riechvermögens nachweisen konnten. Durch monatelange Übung wird so die Neubildung von Riechzellen angeregt. Diese Methode zeigt jedoch nur dann Erfolg, wenn zumindest noch ein gewisser Restgeruchssinn vorhanden ist.
Aktuell werden auch alternative Ansätze erforscht - wie die Verwendung von Vitamin A und thrombozytenreichem Plasma aus Eigenblut. Hier liegen erste vielversprechende Ergebnisse vor.
Geruch übertrumpft Geschmack - mit Millionen Riechzellen
Aber wie funktioniert der Vorgang des Riechens genau? Atmet man ein, gelangen Duftmoleküle in die Nasenhöhle, wo sie auf das Riechepithel treffen. Diese Schleimhaut, die etwa die Größe eines Zwei-Euro-Stücks hat, beherbergt bis zu 30 Millionen Riechzellen.
Die Riechzellen sind mit etwa 400 verschiedenen Geruchsrezeptoren ausgestattet, die nach dem Prinzip eines Schlüssel-Schloss-Systems funktionieren: Jedes Duftmolekül, das in die Nase gelangt, besitzt eine einzigartige chemische Zusammensetzung.
Nachdem die Duftmoleküle an ihren jeweiligen Rezeptoren angedockt haben, lösen sie eine elektrische Reaktion aus, die entlang feiner Riechfasern zum "Riechkolben" geleitet wird, der zentralen Schaltstelle. Von dort aus wird das Signal ins Gehirn weitergeleitet, wo die eigentliche Geruchswahrnehmung stattfindet.
Erhebliche Bedeutung beim Essen
Der Geruchssinn dient als Warnsystem, zum Beispiel bei Feuer oder verdorbenen Lebensmitteln. Er spielt aber auch eine entscheidende Rolle in sozialen Zusammenhängen, da Menschen auch über Düfte kommunizieren.
Und natürlich hat der Geruchssinn eine erhebliche Bedeutung beim Essen. Im Vergleich dazu ist der Geschmackssinn vergleichsweise begrenzt entwickelt. Die Schleimhaut der Zunge hält lediglich Rezeptoren für die fünf Grundgeschmacksrichtungen süß, salzig, sauer, bitter und umami bereit. Es ist also zu hoffen, dass die Forschung in Zukunft eine Lösung für Menschen mit anhaltenden Geruchsstörungen findet, damit auch sie wieder die Vielfalt der Sinneserfahrungen erleben können
Mehr zu diesem Thema sehen Sie in der Wissen-Dokumentation "Mein Körper. Mein Geruchssinn", abzurufen in der ARD-Mediathek.