Deutliches Plus zum Jahresende US-Wirtschaft wächst überraschend kräftig
Die US-Wirtschaft ist im vierten Quartal stärker gewachsen als erwartet. Auch im Gesamtjahr fiel das Plus beim Bruttoinlandsprodukt höher aus als 2022. Die meisten Fachleute erwarten keine Rezession.
Die Konjunktur in den USA hat sich vor der Jahreswende deutlicher besser geschlagen als erwartet - trotz der hohen Leitzinsen. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg von Oktober bis Dezember aufs Jahr hochgerechnet um 3,3 Prozent, wie das US-Handelsministerium heute zu seiner ersten Schätzung mitteilte. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten nur mit einem Plus von 2,0 Prozent gerechnet, nach einem Zuwachs von 4,9 Prozent im Sommerquartal.
Plus von 2,5 Prozent im Gesamtjahr
Im vierten Quartal waren es erneut die Verbraucher, die ihre Nachfrage steigerten. Die privaten Konsumausgaben tragen in den USA mehr als zwei Drittel zur Wirtschaftsleistung bei und wuchsen um 3,1 Prozent. Die Exporte legten sogar um mehr als sechs Prozent zu, die Investitionen der Unternehmen trotz der hohen Zinsen um 1,0 Prozent. Auch die Staatsausgaben zogen an.
"Das Wachstum war breit angelegt", kommentierten die Commerzbank-Volkswirte Bernd Weidensteiner und Christoph Balz. Im Gesamtjahr 2023 reichte es den Angaben zufolge in Zeiten hoher Zinsen für ein Wachstum von 2,5 Prozent - nach 1,9 Prozent im Jahr zuvor. Zum Vergleich: Die deutsche Wirtschaft schrumpfte im vergangenen Jahr um 0,3 Prozent.
Allerdings sind die Wachstumszahlen nicht direkt miteinander vergleichbar. Denn die der USA werden annualisiert: Sie geben an, wie stark die Wirtschaft wachsen würde, wenn das Tempo ein Jahr lang anhielte. In Europa wird auf diese Vorgehensweise verzichtet. Um auf eine vergleichbare Wachstumsrate zu kommen, müsste man die US-Rate durch vier teilen.
Experten und Firmen prognostizieren keine tiefgreifende Rezession
"Die US-Wirtschaft ist wachstumsseitig weiterhin sehr gut unterwegs", sagte Ökonom Bastian Hepperle von der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank. "Sie wird demnächst aber etwas weniger Schwung zeigen." Selbst wenn die Wirtschaftsaktivität in einem der kommenden Quartale leicht schrumpfen sollte, wäre das kein Beinbruch. Zu einer "sanften Landung" dürfte es allemal reichen, sagte der Experte.
Die US-Notenbank Fed strebt genau so eine weiche Landung an - also eine inflationsdämpfende Abkühlung der Konjunktur ohne tiefgreifenden Wirtschaftsabschwung. Nach Ansicht von Ökonomen droht der weltgrößten Volkswirtschaft in diesem Jahr wohl keine Rezession. Rund 91 Prozent veranschlagten eine Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent oder weniger, dass die Wirtschaft binnen zwölf Monaten in eine Rezession rutscht.
Als Grund für den Optimismus nannten auch etliche befragte Firmen die Aussicht auf sinkende Zinsen, hieß es im aktuellen Konjunkturbericht der Fed. Zuletzt hatten die Währungshüter die Zinsen unverändert gelassen. Derzeit liegt der Leitzins in der Spanne von 5,25 bis 5,50 Prozent. In den vergangenen Monaten hatte sich die Inflation allerdings tendenziell abgeschwächt, weshalb Ökonomen im zweiten Quartal mit einer Senkung rechnen.
Aufträge der US-Industrie stagnieren nur, Arbeitsmarkt stabil
Das Neugeschäft der US-Industrie hat zum Jahreswechsel im Gegensatz zum BIP nur stagniert. Die Bestellungen für langlebige Güter wie Flugzeuge und Maschinen lagen laut Handelsministerium im Dezember auf dem Niveau des Vormonats. Von Reuters befragte Volkswirte hingegen hatten mit einem Anstieg um 1,1 Prozent gerechnet, nachdem es im November einen kräftigen Zuwachs von revidiert 5,5 Prozent gegeben hatte.
Die Zahl der wöchentlichen Erstanträge auf US-Arbeitslosenhilfe ist derweil überraschend stark gestiegen. In der vergangenen Woche nahm die Zahl der Hilfsanträge um 25.000 auf 214.000 zu, wie das Arbeitsministerium mitteilte. Volkswirte hatten im Schnitt einen Anstieg auf 200.000 erwartet. Der Wert für die Woche zuvor wurde von 187.000 auf 189.000 revidiert.
Die Zahl der Anträge liegt damit nach wie vor auf einem eher niedrigen Niveau, was auf einen robusten Arbeitsmarkt hindeutet. Die wöchentlichen Erstanträge gelten als zeitnaher Indikator für den amerikanischen Jobmarkt. Obwohl jüngste Wirtschaftsdaten auf eine etwas schwächere konjunkturelle Entwicklung hindeuten, bleibt die Lage also stabil. Die Fed berücksichtigt die Lage auf dem Arbeitsmarkt stark in ihrer Geldpolitik. Denn schließlich treiben steigende Löhne auch die Preisentwicklung an.