China verdrängt USA derzeit wichtigster deutscher Handelspartner
Acht Jahre in Folge war China der größte Handelspartner Deutschlands. Das könnte sich in diesem Jahr ändern: Im ersten Halbjahr lagen die USA vorne. Das hat nicht nur konjunkturelle Gründe.
Im ersten Halbjahr hieß Deutschlands wichtigster Handelspartner nicht mehr China: Mit einem Handelsvolumen von rund 127 Milliarden Euro haben die USA wieder diesen Platz eingenommen. Der Warenaustausch mit der Volksrepublik betrug demgegenüber knapp 122 Milliarden Euro. Das geht aus Berechnungen der Nachrichtenagentur Reuters auf Basis vorläufiger Daten des Statistischen Bundesamtes hervor.
"Beim gesamten Handelsvolumen, also der Summe aus Ein- und Ausfuhren, haben die USA China in der ersten Jahreshälfte nunmehr überholt", sagte die Außenhandelsexpertin der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Lola Machleid. 2023 war die Volksrepublik mit einem Handelsvolumen von rund 253 Milliarden Euro das achte Jahr in Folge die Nummer Eins geblieben - wenn auch nur mit wenigen Hundert Millionen Euro Vorsprung vor den Vereinigten Staaten.
Robuste US-Konjunktur zieht Exporte an
Die Verschiebung hat zum einen konjunkturelle Gründe. "Aufgrund der bis zuletzt resilienten US-Konjunktur haben die Exporte in die Vereinigten Staaten zugenommen", so Machleid. Im ersten Halbjahr wuchsen die deutschen Exporte in die USA um 3,3 Prozent auf fast 81 Milliarden Euro. Das China-Geschäft schrumpfte dagegen um fast drei Prozent auf gut 48 Milliarden Euro.
Ein weiterer Grund ist auf der Importseite zu finden. Die Importe aus der Volksrepublik brachen um knapp acht Prozent auf 73,5 Milliarden Euro ein. Die Einfuhren aus den USA gaben dagegen nur um 3,4 Prozent auf 46,1 Milliarden Euro nach - gestützt durch die Lieferung von Energierohstoffen wie Flüssigerdgas, sagte die DIHK-Expertin.
Schlagen sich Abkopplungstendenzen nieder?
Zu dem Importrückgang hätten die anhaltende wirtschaftliche Schwäche und die Konsumzurückhaltung in Deutschland beigetragen, sagte Machleid. Aber auch "der Wunsch nach stärkerer Diversifizierung der Lieferketten in der Industrie" habe eine Rolle gespielt.
Damit scheinen sich die unter dem Stichwort "Decoupling" bekannten Bestrebungen deutscher Unternehmen, sich unabhängiger von chinesischen Zulieferungen zu machen, in der Statistik niederzuschlagen.
Ausgang des Kopf-an-Kopf-Rennens ungewiss
Ob die USA ihren Rang als wichtigster deutscher Handelspartner auch längerfristig wieder einnehmen können, sei noch nicht entschieden, so DIHK-Expertin Machleid. "Angesichts der gegenwärtigen geopolitischen Unsicherheiten sowie der ungewissen weiteren konjunkturellen Entwicklung, nicht nur in den USA und in China, sondern auch hierzulande, ist schwer prognostizierbar, wie sich das Kopf-an-Kopf-Rennen weiter entwickeln wird."
Deutsche Unternehmen seien in beiden Märkten "sehr aktiv". Umso wichtiger sei es gerade für eine international so stark verflochtene Volkswirtschaft wie Deutschland, einen Handelsstreit und die Entstehung neuer Handelshemmnisse zu verhindern.