Preisobergrenze der G7-Staaten Russland umgeht häufiger Sanktionen für Ölexporte
Mithilfe einer Preisobergrenze versuchen die G7-Staaten, die russischen Erdöleinnahmen zu reduzieren. Weil Russland aber mittlerweile oft auf westliche Dienstleistungen verzichtet, verliert die Sanktion an Wirkung.
Russland gelingt es einem Medienbericht zufolge immer häufiger, die Sanktionen der G7-Staaten gegen seine Öllieferungen zu umgehen. Mittlerweile soll das Land drei Viertel seiner Öltransporte ohne westliche Versicherungen abwickeln, wie die "Financial Times" ("FT") heute unter Berufung auf das Frachtanalyseunternehmen Kpler und Versicherungsgesellschaften berichtete.
Im Frühjahr waren es danach noch 50 Prozent. Damit stieg der Anteil der Geschäfte, die nicht der Preisobergrenze von 60 Dollar pro Barrel unterliegen.
Preisobergrenze von 60 Dollar pro Barrel besteht seit Dezember
Im Dezember des vergangenen Jahres hatten die G7-Staaten Deutschland, Frankreich, Italien, Japan, Kanada, Großbritannien und die USA wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine einen Preisdeckel für russisches Rohöl, das auf dem Seeweg befördert wird, eingeführt. Parallel dazu hatte auch die Europäische Union (EU) diese Sanktion neben dem bereits bestehenden generellen Einfuhrverbot in die Mitgliedsstaaten gebilligt. So dürfen Käufer von russischem Erdöl nur dann westliche Dienstleistungen wie Transport oder Versicherungen in Anspruch nehmen, wenn sie nachweislich maximal 60 Dollar pro Barrel gezahlt haben.
Mit der Maßnahme sollten die russischen Einnahmen reduziert und gleichzeitig die globalen Energiemärkte durch kontinuierliche Lieferungen stabil gehalten werden, hieß es von der EU-Kommission. Ein weiteres Ziel war die Eindämmung der Inflation. Da Russland einst auf die westlichen Dienstleistungen angewiesen war, um sein Öl auf den Markt zu bringen, rechneten die G7-Staaten damit, dass die russische Regierung kaum eine andere Wahl haben würde, als die Preisregulierung einzuhalten.
Nun zeigen die Daten allerdings, dass Moskau offenbar immer geschickter darin wird, die Preisobergrenze zu umgehen, schreibt die "FT". Dadurch könne das Land mehr Öl zu Preisen verkaufen, die näher an den internationalen Marktpreisen liegen. Die globalen Erdölpreise rangieren derzeit auf einem außergewöhnlich hohen Niveau. In der vergangenen Woche hatten sie die höchsten Stände seit vergangenen November markiert.
Mindestens 15 Milliarden Dollar mehr in der Kriegskasse
Heute Mittag kostete ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im November 93,39 US-Dollar. Das waren elf Cent mehr als am Freitag. Der Preis für ein Barrel der amerikanischen Sorte West Texas Intermediate (WTI) stieg um vier Cent auf 90,07 Dollar. Seit Anfang Juli sind die Preise um rund 25 Prozent gestiegen. Hauptgrund ist das knappe Angebot durch große Förderländer wie Saudi-Arabien und eben Russland.
Die Kyiv School of Economics (KSE) vermutet der "FT" zufolge zudem, dass der stetige Anstieg der Rohölpreise in Verbindung mit dem Erfolg Russlands bei der Verringerung des Abschlags auf sein eigenes Öl steht. Darüber hinaus bedeute die Entwicklung auch, dass der Umsatz stark nach oben gehen dürfte. Denn das russische Flaggschiffprodukt, die Rohölsorte Ural, ist seit Juli auf mehr als 60 Dollar und damit über die eigentlichen Preisobergrenze geklettert.
Die KSE schätzt, dass die Öleinnahmen des Landes im Jahr 2023 dadurch wahrscheinlich um mindestens 15 Milliarden Dollar höher ausfallen werden als sonst. "Angesichts der Veränderungen, wie Russland sein Öl verschifft, könnte es sehr schwierig werden, künftig die Preisobergrenze zu erzwingen", sagte KSE-Experte Ben Hilgenstock der "FT". Umso bedauerlicher sei es, dass in der Vergangenheit nicht mehr getan worden sei, sie richtig und sinnvoll durchzusetzen.
Mit Informationen von Till Bücker, ARD-Finanzredaktion.