Anstehende Zinsentscheide Notenbanken in der Zwickmühle
Nach dem Bankenkollaps in den USA stehen die Notenbanken vor einem Dilemma: Weitere Zinsanhebungen könnten die Probleme für Banken verschärfen - eine Pause bei der Anhebung hingegen das Problem der Inflation.
Eigentlich wollen die Notenbanken die Inflation mit weiteren Zinserhöhungen bekämpfen. Vor dem Hintergrund der Krise rund um die amerikanische Silicon Valley Bank steckt die Federal Reserve (Fed) nun in einer Zwickmühle. Höhere Zinssätze könnten die Krise verschärfen - eine Pause bei den Zinsanhebungen die Inflation voranschreiten lassen. Wie werden die Notenbanken entscheiden?
Steigende Zinsen ein Problem für Banken
Es sind die größten Bankenpleiten in den USA seit der Finanzkrise 2008. Am Freitag schlossen die US-Behörden die Silicon Valley Bank. Die Folge: ein Einbruch der Bankaktien. Am Sonntag dann die Nachricht, dass auch die Signature Bank geschlossen wurde.
Die Bankenpleiten stehen offenbar im Zusammenhang mit Verlusten aus Anleihenportfolios, die auch hypothekenbesicherte Wertpapiere einschließen. Diese Verluste resultierten aus den gestiegenen Zinsen. Das bringt die Notenbanken in eine Bredouille.
Drücken EZB und FED auf die Bremse?
Am Donnerstag entscheidet die Europäische Zentralbank (EZB) über ihren Zinskurs, am 22. März steht der Fed-Entscheid an. Das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) rechnet bereits mit einer zurückhaltenderen Zinspolitik der EZB.
Viele Anleger hoffen, dass auch die Fed aufgrund der jüngsten Ereignisse möglicherweise ihr Zinsniveau senken wird. "Die Einschläge und Kollateralschäden werden mehr und dürften die Fed zu größerer Vorsicht veranlassen", so Robert Rethfeld, Marktexperte von Wellenreiter-Invest.
Die Landesbank Hessen-Thüringen brachte das Dilemma der Fed auf den Punkt: "Vor dem Hintergrund der Bankenkrise ist eher Zurückhaltung beim Zinstempo zu empfehlen, die Inflation aber drängt zur Eile." Dies sei eine Gratwanderung für die Fed - "und die Ereignisse der letzten Tage zeigen, dass das Risiko von Fehltritten dabei sehr hoch ist".
Zinssenkungen ab Sommer?
Bis zum vergangenen Donnerstag rechneten Investoren bei der nächsten Notenbank-Sitzung am 22. März noch fest mit einer Zinserhöhung um 0,5 Prozentpunkte. Diese ist wahrscheinlich vom Tisch. Aktuell rechnen 53 Prozent der Marktteilnehmer dem Fed Watch Tool der CME Group zufolge mit einem kleinen Zinsschritt von 25 Basispunkten.
47 Prozent erwarten, dass die Fed die Zinsen gar nicht anhebt. Der Höhepunkt des Zinserhöhungszyklus wird nun bei 5,0 Prozent gesehen, vor kurzem hatten Anleger noch mit einem Anstieg bis auf 5,5 Prozent gerechnet. Ab Sommer werden sogar erste Zinssenkungen eingepreist.
Neue Inflationsdaten könnten Fed besänftigen
Dabei dürften auch die am Dienstag erschienen Inflationsdaten der Fed recht sein: Im Februar stiegen die US-Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahresmonat um 6,0 Prozent, wie das Arbeitsministerium am Dienstag in Washington mitteilte. Es ist der niedrigste Anstieg seit September 2021, also seit etwa eineinhalb Jahren.
Die meisten Ökonomen kommentierten die aktuelle Entwicklung überwiegend positiv. "Der Rückgang der Inflationsrate ist eine gute Nachricht für die Fed", sagte Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank. Zugleich warnte der Experte davor, mit einem beschleunigten Zinsanhebungstempo zusätzlich Öl ins Feuer am US-Bankenmarkt zu gießen. Gitzel rechnet damit, dass die Fed noch eine Zinsanhebung um 0,25 Prozentpunkte vornimmt. "Danach ist dann Schluss."
Die Fed muss abwägen
Die Inflationsrate ist damit aber immer noch höher als das Zwei-Prozent-Ziel der Notenbanken. "Um das Inflationsproblem in den Griff zu bekommen, müssen die US-Notenbanken ihre Leitzinsen noch deutlicher anheben", so Bastian Hepperle von der Hauck Aufhäuser Lampe Bank. Die Notenbanken stünden jetzt vor der Abwägung: Inflationsbekämpfung oder Finanzmarktstabilität?
"Wie diese Abschätzung ausfalle, lasse sich noch nicht sicher beurteilen. "Allerdings ist ein großer Zinsschritt wohl vom Tisch, und selbst ein kleiner ist unsicher geworden", schreiben die Experten der Commerzbank.
Einige Volkswirte hatten der Fed zuletzt vorgeworfen, die Leitzinsen in den vergangenen zwölf Monaten zu stark erhöht zu haben - und damit die Krise rund um die SVB mit heraufbeschworen zu haben.
Mit Informationen von Emal Atif, tagesschau.de