Protestierende Menschen in Nicaragua halten Schilder mit der Aufschrift "NO AL CANAL".

Atlantik-Pazifik-Kanal Nicaragua entzieht Konsortium Lizenz für Kanalbau

Stand: 09.05.2024 12:45 Uhr

Es ist das Prestigeprojekt der Regierung von Machthaber Ortega in Nicaragua: eine Seestraße zwischen Atlantik und Pazifik in Konkurrenz zum Panamakanal. Jetzt wurde dem chinesischen Baukonsortium die Konzession entzogen.

Zehn Jahre nach dem ersten Spatenstich für einen Kanal zwischen Atlantik und Pazifik in Nicaragua hat die autoritäre Regierung von Präsident Daniel Ortega der chinesischen Firma HKND Group die Konzession für den Bau entzogen.

Die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Großen Interozeanischen Kanal würden verändert, kündigte die Nationalversammlung des mittelamerikanischen Landes an.

Gründe für die Auflösung des Vertrags wurden bisher nicht genannt. Es könnte allerdings ein Zusammenhang mit finanziellen Problemen des chinesischen Unternehmers Wang Jing geben, der für das Projekt verantwortlich war. Im Zuge sinkender Kurse an der chinesischen Börse hatte er große Teile seines Vermögens eingebüßt.

Protestierende Menschen in Nicaragua

2015: Zahlreiche Menschen gehen in Nicaragua gegen den geplanten Kanal auf die Straße.

Kritik an Enteignung

In der Vergangenheit gab es zudem immer wieder Kritik an dem Bauvorhaben. Anrainer des Mammutprojekts, vor allem Landwirte, befürchteten Enteignung und die Zerstörung ihres Landes. Rund 30.000 Menschen hätten für das riesige Bauprojekt ihre Heimatorte verlassen müssen. Naturschützer warnten immer wieder vor massiven negativen Auswirkungen für die Umwelt.

"Es ist eine Schande, dass Ortega sein Versagen erst nach einem Jahrzehnt eingesteht - nachdem es bereits Abkommen zur Enteignung von Landwirten und Bauern gab", hieß es jetzt von Medardo Mairena, dem Anführer der Aktivisten gegen das Bauvorhaben, der im Exil in den USA lebt.

Die Vulkane Concepcion und Maderas im Biosphärenreservat des Nicaragua-Sees.

Der Bau des Kanals würde nach Ansicht von Umweltschützern verheerende Schäden anrichten.

Bauarbeiten bislang nur symbolisch

Die Bauarbeiten an dem geplanten 278 Kilometer langen Kanal waren 2014 symbolisch aufgenommen worden, kamen aber nie richtig voran. Kritiker hatten von Anfang an bezweifelt, dass das in Infrastrukturvorhaben recht unerfahrene Hongkonger Konsortium HKND zu dem Megaprojekt überhaupt in der Lage sein würde.

Das Unternehmen sollte den Kanal nicht nur bauen, sondern auch für bis zu 100 Jahre betreiben. Ursprünglich hätte es bereits 2019 fertig gestellt werden sollen. Nun hieß es von Regierungsseite, das Verkehrsministerium werde die Verwaltung der Kanalbehörde übernehmen.

Der Kanal gilt als Prestigeprojekt der zunehmend autoritär agierenden Regierung Ortega. Der Präsident versprach Zehntausende Arbeitsplätze und einen Schub für die schwache Wirtschaft Nicaraguas. Neben der Wasserstraße waren eine Eisenbahnlinie, eine Ölpipeline, zwei Häfen und ein Flughafen vorgesehen. Nach Vorstellungen der Regierung sollte die umgerechnet 46,5 Milliarden Euro teure Wasserstraße dem Panamakanal Konkurrenz machen. 

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichteten die tagesthemen am 23. Dezember 2014 um 22:25 Uhr.