Der Internationale Gerichtshof (IGH).
Player: audioGaza-Krieg: Internationaler Gerichtshof lehnt Sofortmaßnahmen gegen Deutschland ab

Internationaler Gerichtshof Keine Sofortmaßnahmen gegen deutsche Israel-Hilfe

Stand: 30.04.2024 19:25 Uhr

Der Internationale Gerichtshof hat es abgelehnt, Sofortmaßnahmen gegen Deutschland im Zusammenhang mit dem Gaza-Krieg durchzusetzen. Unter anderem ging es um Rüstungsexporte nach Israel. Geklagt hatte Nicaragua. 

Das höchste Gericht der Vereinten Nationen, der Internationale Gerichtshof (IGH) in Den Haag, hat Deutschland vom Vorwurf der "Begünstigung eines Völkermordes" entlastet. Geklagt hatte Nicaragua wegen deutscher Rüstungsexporte nach Israel.

Das mittelamerikanische Land hatte gefordert, dass das Gericht Deutschland anweist, diese und andere Lieferungen zu stoppen. Das Argument: Im Gazastreifen bestehe wegen des Vorgehens des israelischen Militärs die ernste Gefahr eines Völkermords. Berlin verstoße daher gegen die Völkermordkonvention von 1948, weil es Israel weiterhin mit Waffen beliefere. Nicaragua verwies auf eine vorangegangene Entscheidung des IGH, wonach es plausibel sei, dass Israel während seines Angriffs auf Gaza einige in der Völkermordkonvention garantierte Rechte verletzt habe.

Mahnung des Gerichts auch an Deutschland

Doch die UN-Richter wiesen die Forderung nach der Durchsetzung von Sofortmaßnahmen gegen Deutschland ab. "Das Gericht stellt fest, dass die Umstände im Moment nicht so sind, dass sie die Ausübung seiner Befugnis erfordern, einstweilige Maßnahmen anzuordnen", hieß es.

Allerdings betonte der IGH bei der Bekanntgabe der Entscheidung die "tiefe Besorgnis" über die Situation in Gaza. Und der Gerichtshof erinnerte die Staatengemeinschaft an internationale Vereinbarungen, keine Waffen an Parteien bewaffneter Konflikte zu schicken. So werde verhindert, dass Konventionen zum Schutz vor Völkermord verletzt werden könnten. Ausdrücklich erwähnte das Gericht in diesem Zusammenhang auch Deutschland.

Verfahren nicht komplett eingestellt

Gleichzeitig lehnte das Gericht ab, das Verfahren gegen Deutschland komplett einzustellen. Abgewiesen wurde lediglich der Eilantrag Nicaraguas. Darin hatte das Land fünf Sofortmaßnahmen beantragt, darunter neben dem Exportstopp auch die sofortige Wiederaufnahme der Unterstützung für das UN-Palästinenserhilfswerks UNRWA.

Diese hatte Deutschland im Januar ausgesetzt, weil Mitarbeitern des UNRWA vorgeworfen worden war, in den Angriff der radikalislamischen Hamas auf Israel am 7. Oktober verwickelt gewesen zu sein. Nach der Veröffentlichung eines Untersuchungsberichts zu dem UN-Hilfswerk kündigte die Bundesregierung in der vergangenen Woche jedoch die Wiederaufnahme der Zahlungen an.

Bundesregierung begrüßt Entscheidung

Die Bundesregierung begrüßte die Entscheidung. Deutschland sei "keine Konfliktpartei in Nahost", betonte das Auswärtige Amt in einer Mitteilung auf X. Die Bundesrepublik sei der größte Geber von humanitärer Hilfe für die Palästinenser und arbeite unerlässlich dafür, dass die Hilfe die Menschen in Gaza erreiche.

Allerdings habe der Terrorangriff der Hamas vom 7. Oktober "diese neue Spirale von Leid erst losgetreten, gegen den sich Israel verteidigen muss", so das Auswärtige Amt weiter. "Noch immer sind über 100 Geiseln in der Hand der Hamas, die die Menschen in Gaza als Schutzschilde missbraucht."

Lieferungen stets verteidigt

Deutschland hatte die Vorwürfe Nicaraguas zu jedem Zeitpunkt zurückgewiesen. Die Bundesrepublik liefere Waffen "nur auf der Grundlage einer sorgfältigen Prüfung, die weit über die Anforderungen des Völkerrechts hinausgeht", hatte die Leiterin der Rechtsabteilung und Völkerrechtsberaterin des Auswärtigen Amts, Tania von Uslar-Gleichen, Anfang April vor dem Internationalen Gerichtshof gesagt. Die Sicherheit Israels stehe aufgrund der deutschen Geschichte "im Zentrum der deutschen Außenpolitik".

Einer der Vertreter Nicaraguas, der deutsche Anwalt Daniel Müller, warf Deutschland hingegen vor, einerseits humanitäre Hilfe für die palästinensische Bevölkerung im Gazastreifen zu leisten und andererseits "die militärische Ausrüstung zu liefern, die verwendet wird, um sie zu töten". Der engste Verbündete Israels sind eigentlich die USA - Nicaragua habe aber den IGH gegen Deutschland angerufen, weil die USA das Gericht nicht anerkennen, erklärten die Anwälte des Landes. 

Nicaragua mit dem Iran verbündet

Das autoritär regierte Nicaragua gilt als Verbündeter des Iran, der seinerseits ein Erzfeind Israels ist. Im Zuge des Krieges in Gaza haben sich die Spannungen im gesamten Nahen Osten verschärft: Fast täglich gibt es Gefechte an der libanesisch-israelischen Grenze zwischen der vom Iran unterstützten und mit der Hamas verbündeten Hisbollah im Libanon und der israelischen Armee. Der lange währende Konflikt zwischen Israel und seinem Erzfeind Iran brach offen aus, als der Iran Mitte April von seinem Staatsgebiet erstmals Israel angriff. 

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk in den Nachrichten am 30. April 2024 um 16:00 Uhr.