Ansiedlungen von Konzernen Großbritannien im harten Wettrennen um neue Industrie
USA und EU locken Konzerne mit üppigen Subventionen. Da ist es für Großbritannien schwer, mitzuhalten. Es mangelt an einer umfassenden Industriestrategie und an Geld.
Umgerechnet 4,6 Milliarden Euro will der indische Industriegigant Tata in England investieren, um eine Batteriefabrik zu bauen. Für Premierminister Rishi Sunak war das vor vier Wochen eine hervorragende Nachricht: "Das ist eine der größten Investitionen im automobilen Sektor. Hier sehen wir die Transformation zu elektrischen Autos. Tausende Jobs werden geschaffen", sagte Sunak damals gegenüber dem Sender Sky News.
Für die Investition gab es aus Sicht des Unternehmens gute Gründe: Tata gehören die englischen Marken Jaguar und Landrover. Der Bedarf an Autobatterien wird auch im Vereinigten Königreich groß sein. Doch das allein reichte offenbar nicht. Der Konzern soll Subventionen in Höhe von 600 Millionen Euro erhalten haben. Offiziell wurde diese Zahl nicht bestätigt.
Stark umworbene Batteriehersteller
Das Vereinigte Königreich befindet sich in einem Wettrennen um Industrie-Ansiedlungen. Immer mehr Konzerne können wählen, wo sie sich niederlassen. Subventionen spielen eine bedeutende Rolle. Die USA haben ein milliardenschweres Subventionspaket aufgelegt, den "Inflation Reduction Act". Und auch die Europäische Union fördert viel großzügiger und wird im Herbst ein ähnliches Paket auf den Weg bringen, "Net Zero Industry Act" genannt.
Der "Inflation Reduction Act" sei ein "Game Changer" gewesen, habe alles verändert, sagt David Bailey, Professor für Wirtschaftswissenschaften an der Universität Birmingham. Er führt als Beispiel den traditionsreichen Autohersteller Lotus an, der zum chinesischen Konzern Geely gehört. "Selbst die Firma Lotus mit Firmensitz in Großbritannien überlegt, ein Werk in den USA zu bauen, ermöglicht durch Gelder aus dem Inflation Reduction Act."
Und auch die britische Firma Tevva, die Batterie- und wasserstoffbetriebene Lastwagen herstellt, fühlte sich stark umworben. Der Gründer Asher Bennett sagte, in Deutschland könne er rund 100.000 Euro mehr an Subventionen pro Fahrzeug erhalten als in England.
Ideologisch gespaltene Tories
Doch derzeit sieht es nicht danach aus, als könnte die Regierung den riesigen Subventionspaketen in den USA und in der Europäischen Union etwas entgegensetzen. "Die Regierung ist sehr vorsichtig, zusätzliches Geld auszugeben. Die Finanzen sind sehr angespannt", sagt Jill Rutter vom Think-Tank Institute for Government. "Die Regierung will die Finanzmärkte nicht mit weiteren Schulden verunsichern. Das wichtigste Ziel ist derzeit: Die Inflation muss sinken."
2024 wird in Großbritannien gewählt, kurzfristige Erfolge sind deswegen bedeutend wichtiger. Dazu kommt, dass die Konservative Partei gespalten ist bei der grundsätzlichen Frage, ob Subventionen das richtige wirtschaftspolitische Instrument sind. "Es gibt eine tiefsitzende ideologische Spaltung innerhalb der Regierung", konstatiert Wirtschaftswissenschaftler Bailey. Es gebe liberale Politiker, die Subventionen ablehnen. Andere in der Partei befürworten die Zahlungen, um den Wandel hin zu einer "grünen" Wirtschaft und vor allem zu einer CO2-freien Zukunft anzuschieben.