Umstrittener Unkrautvernichter EU-Behörde sieht Glyphosat-Zulassung unkritisch
Die EU-Lebensmittelbehörde hat vorerst keine Einwände gegen eine erneute Zulassung von Glyphosat. Mehr als drei Jahre lang hatte sie das Unkrautvernichtungsmittel untersucht. Eine vollständige Bewertung steht aber noch aus.
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) sieht eine erneute Zulassung des Unkrautvernichters Glyphosat in der Europäischen Union unkritisch. "Bei der Bewertung der Auswirkungen von Glyphosat auf die Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt wurden keine kritischen Bereiche ermittelt, die Anlass zur Sorge geben", erklärte die EFSA in einer heute veröffentlichten Neubewertung von Glyphosat.
"Kritisch" wären Risiken danach nur dann, wenn sie "alle vorgeschlagenen Verwendungen des zu bewertenden Wirkstoffs" betreffen. Dies würde der Verlängerung der Zulassung im Wege stehen, sei bei Glyphosat jedoch nicht der Fall, so die Behörde.
Kontroverse um mutmaßlich krebserregende Wirkung
Die Einschätzung der EFSA dient als Grundlage für eine Entscheidung der EU-Kommission und der Mitgliedstaaten über eine etwaige fünfjährige Verlängerung der Glyphosat-Zulassung. Sie sei ein Ergebnis der mehr als dreijährigen Arbeit von Dutzenden Wissenschaftlern und der Mitgliedstaaten, hieß es. "Sie basiert auf der Auswertung vieler Tausend Studien und wissenschaftlicher Artikel", erklärte der Leiter der EFSA-Risikobewertung, Guilhem de Seze.
Glyphosat ist der Wirkstoff im Unkrautbekämpfungsmittel Roundup des US-Unternehmens Monsanto, das zum Leverkusener Bayer-Konzern gehört. Roundup wird trotz heftiger Kritik weltweit in der Landwirtschaft eingesetzt. In Europa konzentriert sich die Debatte vor allem auf eine mutmaßliche krebserregende Wirkung des Stoffes. Das hatten Untersuchungen unter anderem der Weltgesundheitsorganisation (WHO) nahegelegt.
Relevante Daten fehlten, Ergebnis laut Foodwatch nicht eindeutig
Allerdings war schon die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) im vergangenen Jahr zu dem Schluss gekommen, dass Glyphosat die wissenschaftlichen Kriterien für eine Einstufung als krebserregender, erbgutverändernder oder fortpflanzungsgefährdender Stoff nicht erfüllt. Dieses Ergebnis sei ebenfalls in die Gesamtbewertung eingeflossen, erklärte die EFSA.
Jedoch konnten die Untersuchungen in einigen Bereichen den Experten zufolge nicht abgeschlossen werden, da relevante Daten fehlten. Dies betrifft danach unter anderem etwaige Risiken für die Ernährung der Verbraucher und die Bewertung der Risiken für Wasserpflanzen. Auch die Auswirkungen auf die Artenvielfalt hätten noch nicht abschließend bewertet werden können, erklärte die Behörde.
Aus diesem Grund sieht sich Foodwatch in seiner Ablehnung des Unkrautvernichters bestätigt. Das Ergebnis sei nicht eindeutig - in diesem Fall müsse politisch entschieden werden, erklärte Annemarie Botzki von der Verbraucherorganisation. "Solange ernsthafte Zweifel an der Sicherheit von Glyphosat bestehen, ist nur eine Entscheidung denkbar: Die EU-Kommission muss dem Vorsorgeprinzip Rechnung tragen und dem Wirkstoff die Zulassung entziehen."
Rechtliche Schritte gegen die Glyphosat-Zulassung
Bislang hatte die EU-Komission jedoch stets anders entschieden. 2017 forderte das EU-Parlament ein Verbot von Glyphosat, doch die Kommission verlängerte die Zulassung um fünf Jahre unter Verweis auf ausstehende wissenschaftliche Neubewertungen. Daraufhin sollte die EFSA ihr sogenanntes Peer-Review 2022 mit Blick auf die im Dezember auslaufende Zulassung veröffentlichen.
Der Termin wurde jedoch aufgrund einer "beispiellosen Anzahl" von eingegangenen Stellungnahmen verschoben. Nach Angaben des Bayer-Konzerns reichten die beteiligten Unternehmen das mit mehr als 180.000 Seiten umfangreichste Dossier ein, "das bisher für einen Pflanzenschutzmittelwirkstoff erstellt wurde". Die EU-Kommission verlängerte daraufhin erneut die Zulassung um ein Jahr, bis Dezember soll nun eine Entscheidung fallen. Die aktuelle Zulassung von Glyphosat läuft noch bis zum 15. Dezember dieses Jahres.
Foodwatch kündigte gemeinsam mit der Deutschen Umwelthilfe (DUH) rechtliche Schritte gegen die Glyphosat-Zulassung in Deutschland an. Die Bewertung der EFSA widerspreche den Ergebnissen der WHO und weiteren wissenschaftlichen Studien, erklärte DUH-Chef Jürgen Resch. "Produkte mit Glyphosat dürfen nicht länger in Deutschland zugelassen werden."