Komplikationen nach dem Brexit Grenzkontrollen verzögern sich weiter
Die britische Regierung will die Einführung von Brexit-Kontrollen für Importe aus der EU erneut verschieben. Es ist bereits das vierte Mal. Hintergrund ist auch die hohe Inflation.
Großbritannien hat die Einführung von Importkontrollen für Waren aus der Europäischen Union bis Ende nächsten Jahres verschoben. Stattdessen können Händler ihre Waren wie bisher aus der Europäischen Union nach Großbritannien importieren. Das teilte die britische Regierung heute mit. Die von Großbritannien im Januar 2021 eingeführten Kontrollen für die Einfuhren von Tieren, Tierprodukten, Pflanzen und Pflanzenprodukten werden aber weiterhin gelten, hieß es.
Das Vereinigte Königreich hat den EU-Binnenmarkt im Januar 2021 verlassen. Seitdem wurde die Umsetzung von vollständigen Grenzkontrollen mehrfach verzögert, weil es Bedenken gab, die neuen Grenzkontrollen könnten zu Lieferschwierigkeiten und Staus an Häfen führen. Bei der aktuell bereits vierten Verschiebung, wie die Tageszeitung "Guardian" heute berichtete, spielt nun offenbar die hohe Inflation eine Rolle.
Inflation soll nicht weiter angeheizt werden
"Die heutige Entscheidung wird es britischen Unternehmen ermöglichen, sich auf ihre Erholung von der Pandemie zu konzentrieren, globale Lieferkettenprobleme zu bewältigen und sicherzustellen, dass neue Kosten nicht auf die Verbraucher abgewälzt werden", sagte der zuständige Minister Jacob Rees-Mogg heute. Er verwies auch auf den Ukraine-Krieg, der derzeit eine hohe Belastung für die Unternehmen darstelle. Die Regierung sei daher zu dem Schluss gekommen, dass man Unternehmen keine neue Verwaltungsanforderungen aufzuerlegen wolle, die sie dann an die Verbraucher weitergeben.
Im März hatte die Inflation in Großbritannien 6,2 Prozent erreicht. Im April stiegen zudem die Energiepreise für Haushalte im Grundtarif um mehr als 50 Prozent, auch die Beiträge zur Sozialversicherung wurden deutlich angehoben.
Die Regierung sagte, sie werde nun prüfen, wie die verbleibenden Kontrollen am besten umgesetzt werden können, um den Prozess zu glätten. Ein neuer Plan wird noch in diesem Jahr veröffentlicht und neue Kontrollverordnungen werden Ende 2023 in Kraft treten.
Verschiedene Kontrollen entfallen
Zu den Kontrollen, die nun doch nicht eingeführt werden, gehören unter anderem gesundheitspolizeiliche und pflanzenschutzrechtliche Kontrollen an der Grenze sowie Sicherheitserklärungen und Beschränkungen für die Einfuhr von gekühltem Fleisch. Die heutige Entscheidung könnte die Regierung bis zu einer Milliarde Pfund kosten.
Hilary Benn, Co-Vorsitzende der britischen Handels- und Geschäftskommission, sagte, der Schritt sei ein Eingeständnis, dass Zollkontrollen die Krise der Lebenshaltungskosten verschlimmern würden, während britische Exporteure immer noch mit zusätzlichen Kosten und Verzögerungen durch den Brexit konfrontiert seien.
"Es ist außergewöhnlich, dass Importe in das Vereinigte Königreich gegenüber britischen Exporten in die EU bevorzugt werden, und dies unterstreicht nur die Handelshemmnisse, die durch ihren fadenscheinigen Brexit-Deal errichtet wurden", sagte Benn.