Autoschlange an der Tankstelle
Reportage

"Tanktourismus" in Frankreich Für den Sprit über die Grenze

Stand: 06.09.2022 14:02 Uhr

Während in Deutschland der Tankrabatt zum Monatsende ausgelaufen ist, hat der französische Staat den Rabatt auf Kraftstoffe sogar erhöht. Das lockt viele deutsche Autofahrer an. Ein Besuch in der Grenzregion.

Wer an diesem Morgen im französischen Volgelsheim nahe der deutschen Grenze tanken möchte, braucht Geduld. Die Tankstelle einer Supermarktkette ist voll. Vor den vier Zapfsäulen haben sich bereits Schlangen gebildet. Doch genervt ist hier kaum jemand. Und das hängt vermutlich mit den Spritpreisen zusammen.

Tanktourismus: Immer mehr Deutsche fahren nach Frankreich

Sophie Hochhäuser, SWR, SWR Aktuell

"Das lohnt sich unbedingt"

Sabine aus Deutschland tankt ihren schwarzen Geländewagen heute Morgen voll. Das lohne sich, sagt sie lächelnd: "Es sind etwa 20 Euro weniger, als ich in Deutschland pro Tankfüllung zahlen würde." Sie wohnt in Breisach, direkt an der deutsch-französischen Grenze. Bis zur Tankstelle in Volgelsheim sind es nur wenige Fahrminuten, die sie gerne in Kauf nehme. "Wir haben gestern Abend die Spritpreise verglichen", erzählt eine junge Mutter, während sie im Wagen auf eine freie Zapfsäule wartet. "Es waren 40 Cent Differenz, das lohnt sich unbedingt."  

Anzeigetafel mit Preisen an einer Tankstelle

Jenseits der deutsch-französischen Grenze ist der Kraftstoff deutlich günstiger - dank erhöhtem Tankrabatt der Regierung in Paris.

Der Liter Super-Benzin kostet an der französischen Tankstelle an diesem Morgen 1,63 Euro. Dieselkraftstoff liegt bei 1,79 Euro. Preise, die dank der Erhöhung des französischen Tankrabatts möglich sind, sagt Patrick Didelon von der Kette Intermarché: "Wir bekommen mehr staatliche Hilfe. Bisher waren es 18 Cent je Liter, seit dem 1. September sind wir bei 30 Cent inklusive aller Steuern." Das gilt zunächst für September und Oktober. Danach soll der französische Tankrabatt sinken. 

Deutsche Betreiber bleiben auf Kraftstoff sitzen

Zwanzig Kilometer Luftlinie weiter östlich, in Freiburg, trauert auch Tankstellenbetreiber Markus Kenk dem Tankrabatt nach. An seinen vier Zapfsäulen kommen heute nur vereinzelt Kunden, um ihre Autos aufzutanken. Am 31. August, dem letzten Tag mit vergünstigten Preisen, habe man sich vor Kunden kaum retten können. "Wir waren fast leer mit dem ganzen Sprit", sagt Kenk. Inzwischen seien die Tanks wieder voll, aber die Kunden fehlten. Mit dem Ende des Tankrabatts seien die Preise bei ihm durchschnittlich um 30 Cent nach oben gegangen.

1,96 Euro müssen die Kunden für einen Liter Super-Benzin hinlegen, 2,15 Euro für Diesel - deutlich mehr als im benachbarten Frankreich. Kenk denkt an seine Kollegen, die noch näher an der deutsch-französischen Grenze liegen. "Für die wird es wahrscheinlich eng werden", sagt er und schaut auf seine eigene leere Tankstelle. 

Zum teuren Sprit greift heute nur, wer nicht anders kann. So wie die Frau mit blauem Kastenwagen, die E10-Kraftstoff tankt. Ihr Tank sei leer gewesen. Jetzt ist er wieder voll, doch als Reaktion auf die gestiegenen Preise bleibe das Auto "so gut wie möglich stehen". André Guttenberger aus Emmendingen kann auf ein motorisiertes Gefährt hingegen nicht verzichten. Die hohen Preise treffen ihn als Pendler besonders: "Ich kann nicht auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen oder so, da fährt gar nichts." Seine Wahl in diesen Tagen: Roller statt Auto, der verbrauche deutlich weniger Sprit. 

Hohe Nachfrage an Grenztankstellen

Im französischen Volgelheim sind an diesem Morgen vor allem deutsche Kennzeichen auf dem Gelände der Tankstelle zu sehen. Nicht nur normale Autos werden hier vollgetankt, auch Wohnmobile. Um seinen 80 Liter Tank wieder aufzufüllen, ist André bereitwillig die drei Kilometer von der Grenze bis hierher gefahren.

Und der Tanktourismus wird in Frankreich zum Umsatzbringer. "Wir brauchen zur Zeit doppelt soviel Treibstoff", sagt der Tankstellenbetreiber Didelon. "Normalerweise werden wir zwei bis drei Mal in der Woche mit neuem Kraftstoff beliefert, jetzt kommt jeden Tag ein Tankzug, um die Nachfrage zu decken."  

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 01. September 2022 um 23:59 Uhr.