"Kompetenzwirrwarr" in Deutschland Online verkauftes Spielzeug kann gefährlich sein
Im Internet gekauftes Spielzeug für Kinder kann gesundheitsschädliche Chemikalien enthalten. Bei der Überwachung gibt es laut BUND an vielen Stellen Nachholbedarf: unter anderem bei der Abstimmung der Behörden untereinander.
Durch den boomenden Online-Handel fallen immer häufiger Spielwaren auf, die mit Weichmachern oder anderen krebserregenden Stoffen belastet sind. Das geht aus einem Rechtsgutachten des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hervor: "Es gibt Spielzeug, das große Mengen gesundheitsschädlicher Chemikalien enthält", sagte BUND-Geschäftsführerin Antje von Broock. Das verstoße gegen EU-Vorschriften. 90 Prozent der identifizierten schadstoffhaltigen Spielzeuge stammten dabei aus China.
Die Umweltorganisation forderte eine Anpassung geltender Gesetze an die digitale Welt. "Der Internethandel wird leider noch nicht vergleichbar mit dem stationären Handel überprüft. So können Schadstoffe in die Körper unserer Kinder gelangen", erklärte die BUND-Geschäftsführerin. Angemessene Kontrollen seien bei der gegenwärtigen Praxis nicht möglich, die Überwachung hinke hinterher.
Krebserregende Spielwaren
Eine Auswertung des EU-Schnellwarnsystems für gefährliche Non-Food-Produkte zeigt laut BUND, dass die Zahl der gemeldeten Artikel, die verbotene Chemikalien enthielten, in den vergangenen vier Jahren um 30 Prozent gestiegen ist. Häufig seien darunter Spielzeuge wie Puppen oder Schleim aus chinesischer Produktion, die teilweise bis zur Hälfte aus hormonell schädlichen Weichmachern bestehen können, wie der BUND analysierte.
Mehr als 200 solcher Spielzeuge hätten die zuständigen Behörden in den EU-Ländern ausfindig gemacht. Neben Weichmachern enthielten sie etwa auch das giftige Element Bor, krebserregende Stoffe wie Bisphenol A sowie das extrem langlebige Altgift TBT, wie die Umweltschützer ausführten. Der Grenzwert von 300 Milligramm Bor pro Kilogramm Spielzeug wurde dabei um ein Vielfaches überschritten, "bei einem Schleim sogar um das Zehnfache", stellte der BUND fest. Bor könne die Fruchtbarkeit beeinflussen oder das ungeborene Kind schädigen.
Potenziell krebserregende Nitrosamine wurden außerdem in Luftballons und Wasserbomben gefunden, auch in den Produkten einer deutschen Firma. Erhöhte Blei-Konzentrationen seien an Lötpunkten von Elektrogeräten ausgemacht worden. Der BUND empfiehlt Verbrauchern, auf Plastikprodukte wenn möglich zu verzichten. Besonders viele der gesundheitsschädlichen Stoffe seien aus PVC hergestellt. Plattformen wie Amazon, ebay oder Alibaba befänden sich in einem "rechtlichen Freiraum", in dem sie die Schutzvorschriften "ganz legal umgehen können".
Kritik an "Kompetenzwirrwarr"
Zudem habe das Gutachten ergeben, dass sich verschiedene Überwachungsbehörden in Deutschland auf Länderebene nicht ausreichend abstimmten. "Das Kompetenzwirrwarr zu Lasten der menschlichen Gesundheit kann so nicht weitergehen. Wir brauchen klare gesetzliche Vorgaben für Produktkontrollen und Sanktionen, die Ausstattung der Überwachungsbehörden mit den notwendigen Mitteln und landesübergreifende Zusammenarbeit", so von Broock: "Sanktionen bei Zuwiderhandlung müssen so hoch sein, dass sie auch abschrecken", forderte der BUND.
Der Bundesverband des Spielwaren-Einzelhandels (BVS) appelliert indes an Käufer und Händler, sich die Bezugsquellen und Lieferketten genau anzuschauen. "Es gibt keine Super-Behörde, die jedes Spielzeug der Welt prüfen kann", sagte BVS-Geschäftsführer Steffen Kahnt. Seriöse Marken würden aber viel dafür tun, saubere Produkte zu verkaufen.