Kredite ohne Eintrag Schufa-Tochter hilft, die Schufa zu umgehen
Die Schufa-Tochterfirma Bonify vermittelt Menschen in Geldnöten Schufa-freie Kredite - und zeigt ihnen damit Wege auf, die Schufa zu umgehen. Ein Angebot, das auf Kritik stößt.
Henrik Schmidt kann sich nur wundern. Der Leiter der städtischen Schuldner- und Insolvenzberatung Hamburg hat sich gerade die Internetseite der Schufa-Tochter Bonify angeschaut. Dort werden "Känguru-" und "Ninja-Kredite" angeboten, und es wird für einen "Schweizer Kredit" geworben. Alle Angebote haben eines gemeinsam: Die Schufa soll nichts von der Kreditvergabe mitkriegen.
Dabei ist die Inhaberin der Marke Bonify, das Berliner Start-up Forteil GmbH, inzwischen im Besitz von Deutschlands größter Wirtschaftsauskunftei. Das Wiesbadener Unternehmen hatte die kleine Firma im vergangenen Jahr gekauft. Attraktiv war sie vor allem wegen einer innovativen Finanz-App - aber sie vermittelt eben auch schon seit längerem Kredite.
Man brauche keine Schufa-Auskunft, um Geld zu bekommen, wird auf der Bonify-Webseite versprochen, und diese Kreditverträge würden auch nicht wie üblich anschließend über Jahre in jener Datenbank des Wiesbadener Unternehmens gespeichert, wo sich schon Daten über Millionen anderer Kreditverträge deutscher Verbraucherinnen und Verbraucher finden.
"Etwas skurril"
Dass Bonify als Schufa-Tochter solche Kredite vermittle, findet Schuldnerberater Schmidt "etwas skurril". Zudem erscheinen ihm die Zinssätze teilweise extrem hoch - bis zu 16 Prozent. Problematisch für seine Klientel, die hoch verschuldet sei und solche Kredite kaum je bedienen könnte.
Tatsächlich zeigt die Schufa-Tochter Menschen in Geldnot recht offensiv Wege, wie sie dem sonst so gestrengen Blick der Konzernmutter entgehen können. "Spring zu deinem Kredit", heißt es beispielsweise beim "Känguru-Kredit". Eine Kreditaufnahme sei möglich, "auch bei negativen Schufa-Einträgen, auch wenn noch alte Kredite laufen, auch wenn andere schon 'Nein' gesagt haben."
Solche Kredite werden Verbraucherinnen und Verbrauchern angeboten, die womöglich ohnehin schon überschuldet sind. Nur wenn man die Bonify-Webseite etwas gründlicher durchsucht, findet man Warnhinweise, die das ganze Risiko der Verträge aufzeigen. Beim "Schweizer Kredit" gebe es ein "hohes Überschuldungsrisiko", heißt es dort: Da der Kredit "nicht in die Schufa-Akte aufgenommen wird, steigt die Möglichkeit, sich als Verbraucher zu überschulden."
Kämpferin gegen die Überschuldung?
Dabei präsentiert sich die Bonify-Mutter Schufa sonst gerne als Kämpferin gegen Überschuldung. Sie gibt regelmäßig, begleitet von einer aufwändigen Pressekampagne, einen "Risiko- und Kredit-Kompass" heraus. Darin findet sich ein von der Schufa entwickelter "Privatverschuldungsindex" - der in seiner jüngsten Ausgabe Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Bremen als Bundesländer mit den meisten Überschuldeten ermittelt hatte.
Hinzu kommt: Die Schufa-Vorstandvorsitzende Tanja Birkholz selbst hatte ausdrücklich vor Schufa-freien Krediten gewarnt - allerdings schon Ende 2021, also bevor ihre Firma Bonify kaufte. Diese seien "ein Marketing-Gag, um Leute anzuziehen, und bei manchen fast schon (mit) betrügerischer Intention", sagte Birkholz damals im YouTube-Kanal "Finanzfluss".
Sie bezog sich dabei ausdrücklich auf Schuldnerberatungen, die vor solchen Krediten warnten. Wenn man bei anderen Banken keinen Kredit bekommen habe, dann sei der Preis solcher Schufa-freien Kredite "wahrscheinlich zu hoch", das könne den Verbraucher "wirklich in eine schwierige Situation reintreiben".
Höherer Schuldenstand, höhere Sollzinsen
Für in Not geratene Verbraucherinnen und Verbraucher könnte eine unkomplizierte Kreditvergabe ohne Schufa-Prüfung zwar verlockend sein, sie könne jedoch zu weiteren Problemen führen, sagt auch Schuldnerberater Schmidt. Die Zinsen für solche von Bonify angebotenen Kredite fangen zwar schon bei 3,9 Prozent im Jahr an, sie gehen aber bis knapp an die 16 Prozent.
"Ich kann mir ehrlich gesagt kaum vorstellen, dass jemand mit einer nur ausreichenden Bonität dort wirklich einen geringen Zinssatz bekommt", so Schmidt. "Das heißt, regelmäßig wird sich das wahrscheinlich in einem höheren Zinsbereich bewegen."
Dass die Schufa sich als Kämpferin gegen Überschuldung und damit quasi als Verbraucherschützerin präsentiert, sieht auch Daniel Mittler vom Verein "Finanzwende" skeptisch: "Es ist auf jeden Fall nicht richtig so zu tun, als sei man Verbraucherschützer und in Wahrheit aber ein Geschäftsmodell fortzusetzen, was nur die eigene Macht mehrt."
"Mehr Marketing denn Realität"?
Die Schufa betont in einer Stellungnahme gegenüber dem NDR, dass Bonify "auch nach dem Kauf durch die Schufa ein eigenständiges Unternehmen" sei. Zudem seien Schufa-freie Kredite "mehr Marketing denn Realität", heißt es in einer Antwort an den NDR. "Denn: Es gibt keine Kreditvergabe ohne Bonitätsprüfung. Kredite dürfen nur vergeben werden, wenn keine Zweifel an einer Kreditwürdigkeit bestehen."
Was es allerdings bedeutet, wenn Kredite ohne die laut Schufa-Chefin Tanja Birkholz "ganz wichtigen Informationen" aus der unternehmenseigenen Datenbank vergeben werden, dazu äußerte sich die Schufa nicht. Bonify-Chef Andreas Bermig erklärte, man suche sich die Banken, die die Kredite vergeben, sorgfältig aus und schaue zudem "sehr genau, was für User-Feedback wir bekommen und welche Bewertungen zu diesen vorhanden sind."
"Bonify-Nutzer, die zu einem bestimmten Zeitpunkt eine teure Finanzierung abschließen müssen, lassen wir damit bewusst nicht alleine, sondern weisen den Nutzer sobald möglich darauf hin, dass er jetzt eine günstigere Umschuldung angehen kann."
Schufa-Chefin Birkholz jedenfalls hatte im "Finanzfluss"-Video Verbrauchern noch empfohlen: "Nicht Googeln nach 'Kredit ohne Schufa', sondern lieber zur Schuldnerberatung gehen, zu Beratern, die extrem viel Erfahrung haben." Vom Hamburger Schuldnerberater Henrik Schmidt jedenfalls würden überschuldete Menschen eine klare Empfehlung bekommen. Er könne "immer nur davon abraten, auf solche Kreditangebote einzugehen."