Tourismus Darum könnte 2023 zum Rekordjahr werden
Nach der Pandemie hält die Deutschen nichts mehr: Ihre Reiselust ist groß, die Tourismusbranche darf aufatmen. Auch auf der Reisebörse ITB sorgt das für gute Stimmung.
Die Sehnsucht nach Sommer, Sonne, Strand und Meer ist nach mehr als drei Jahren Corona-Pandemie größer denn je. Im Reisebüro Werner im hessischen Bensheim ist der Andrang groß; die Stimmung sei nahezu euphorisch, erklärt der langjährige Leiter Thomas Lorbecher. "Das betrifft alle Reiseländer und alle Reisearten, also nicht nur klassische Pauschalreisen, sondern auch Individualreisen, die wieder sehr stark zunehmen," freut sich Lorbecher. Nachdem die Reisewirtschaft in den vergangenen Jahren tief in der Krise steckte und mit dramatischen Umsatzeinbrüchen zu kämpfen hatte, scheint nun die Kehrtwende gelungen.
"Die Reiseweltmeister sind zurück"
Die Reisebranche befindet sich derzeit in einem starken Aufwärtstrend, bestätigt Torsten Schäfer vom Deutschen Reiseverband (DRV): "Reisebüros und Reiseveranstalter sind mit Vollgas ins neue Jahr gestartet. Seit Dezember 2022 liegen die Neubuchungseingänge für Pauschal- und Bausteinreisen fast kontinuierlich über denen von Vor-Corona." Die Buchungsumsätze in Reisebüros und auf Online-Reiseportalen seien sehr hoch.
Der Januar war dabei laut Deutschem Reiseverband besonders buchungsstark: Die Umsatzeingänge verdoppelten sich gegenüber Januar 2022. Und auch im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019 lagen sie zwölf Prozent im Plus. Dieser Trend setzt sich aktuell fort. "Die Reiseweltmeister sind zurück," fasst es Schäfer zusammen.
Gute Stimmung auf der ITB
Am Rande der Tourismus-Börse ITB in Berlin, die als größte Reisemesse der Welt gilt, stehen die Zeichen voll auf Erholung. Die optimistischere Verbraucherstimmung schlage sich deutlich in den Reisebuchungen wieder, resümiert auch der Reiseanbieter DERTOUR. Hier lagen die Buchungen für die Sommersaison 70 Prozent über dem Vorjahreswert und ebenfalls über Vor-Corona-Niveau.
Der Januar war für den Reiseveranstalter sogar "der buchungsstärkste Monat, den wir je hatten," erklärt Ingo Burmester, Geschäftsführer der DER Touristik Central Europe. "Insbesondere die Familienbuchungen entwickeln sich sehr positiv."
Zudem liege frühzeitiges Buchen wieder im Trend. "Wir sehen, dass viele Familien die bessere Planbarkeit in diesem Jahr nutzen. Sie sichern sich attraktive Frühbucher-Angebote und Familien-Specials, um damit ihr Reisebudget zu entlasten," erläutert Burmester. Auch die Nachfrage nach Fernreisen und Städtetrips ziehe spürbar an.
Deutsche sparen nicht am Urlaub
Auch wenn die aktuelle Inflationsrate von 8,7 Prozent weiterhin hoch ist und der Krieg in der Ukraine für Unsicherheit sorgt, wollen die meisten Menschen in diesem Jahr endlich mal wieder unbeschwert in den Urlaub fahren, nachdem die meisten Corona-Vorschriften mittlerweile weggefallen sind.
Damit setzt sich die positive Entwicklung aus dem vergangenen Jahr fort, als Auslandsreisen bereits wieder das Vor-Corona-Level erreichten und die Umsätze in der Reisebranche stark anstiegen. Von November 2021 bis Ende Oktober 2022 verdoppelten sich die Ausgaben für Reisen von 28,8 Milliarden Euro auf 58,6 Milliarden Euro, wie eine Bilanz des DRV zeigt. Besonders der Anteil an von Reiseveranstaltern organisierten Pauschalreisen zog wieder an.
Trends und Optimismus für die Sommersaison
Laut der im Februar veröffentlichen "Deutschen Tourismusanalyse" der Stiftung für Zukunftsfragen - einer Befragung unter 3000 Personen über 18 Jahren - planen sechs von zehn Bundesbürgern aktuell ihre nächste Reise. Dementsprechend optimistisch blicken Veranstalter auf das Reisejahr 2023.
"Die Top-5-Reiseziele für die Hauptreisezeit im Sommer sind die Türkei, Spanien, Griechenland, Ägypten und Portugal," prognostiziert DRV-Vertreter Schäfer. "In den Osterferien im April präferieren die meisten Urlauber bei Veranstalterreisen Ziele in Ägypten, auf den Kanarischen Inseln und in der Türkei, gefolgt von den Balearen, Malediven, Griechenland und den Vereinigten Arabischen Emiraten." Auch Kreuzfahrten seien nach ihrem Comeback im Vorjahr wieder voll im Trend.
Umsatz wie vor Corona erwartet
Für die Reisewirtschaft sorgt der Übergang von der pandemischen zur endemischen Lage für deutlich mehr Planungssicherheit für dieses Jahr. Auf Basis ihrer Umfragedaten erwartet die Stiftung für Zukunftsfragen, dass die Reisefrequenz dieses Jahr zumindest auf Vor-Corona-Niveau liegen dürfte, wenn nicht sogar darüber.
"Wir sind optimistisch," betont auch Schäfer. "Unsere Erwartung ist, das Umsatzniveau des Vor-Corona-Rekordjahres 2019 zu erreichen." Die große Hoffnung der Branche aber ist, dass 2023 sogar zum besten Reisejahr aller Zeiten wird.