Ein Schild weist auf ein Campingverbot hin.
Weltspiegel

Neuseeland Welche Touristen sind noch willkommen?

Stand: 22.01.2023 14:28 Uhr

Vor Covid kamen 20 Prozent der Exporteinnahmen Neuseelands aus dem Tourismus. Dann waren zwei Jahre lang die Grenzen dicht. Doch nun sind Touristen wieder willkommen. Aber wirklich alle?

Als der neuseeländische Tourismusminister Stuart Nash sich öffentlich Touristen wünschte, die nicht nur von Tütensuppen leben und wild campen, machte er international Schlagzeilen.

Um das saubere, grüne Image Neuseelands zu bewahren, diskutiert das Land, wie viele Touristen es noch haben will und vor allem welche.

Wie willkommen sind Touristen in Neuseeland?

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Leana Schild und Daniel Ziehli aus der Schweiz klappen deshalb außerhalb von Queenstown Campingtisch und -stühle aus. Insgesamt acht Monate wollen die beiden 24-Jährigen in Neuseeland unterwegs sein.

Ihren Camper hätten sie am Flughafen einem Einheimischen günstig abgekauft, sagt Ziehli: "Die Mietautos sind sehr teuer hier. Und wir können, wenn es gut geht, den Campervan am Schluss wieder für dasselbe verkaufen, und dann wären da nur noch die Lebenskosten - und der Rest wäre finanziert."

Ein Paar sitzt vor einem Campingbus an einem Tisch, im Hintergrund sind Berge zu sehen.

Leana Schild und Daniel Ziehli aus der Schweiz sind nicht die Art von "anspruchsvollen" Touristen, die der Tourismusminister Neuseelands vor allem anlocken will.

"Marketing-Budget nicht für diese Leute ausgeben"

Damit sind sie nicht gerade die Traum-Besucher, die der Tourismusminister Neuseelands im Kopf hat. Er forderte anspruchsvolle Touristen, die bereit sind, Geld auszugeben.

Inzwischen formuliert Nash es vorsichtiger: "Einige Amerikaner haben in den sozialen Medien damit angegeben, wie sie in ihrem Campervan in Neuseeland herumgefahren sind und von zehn Dollar am Tag gelebt haben. Sie hatten Spaß, gut für sie."

Aber der Punkt sei: "Wir sollten unser begrenztes Marketing-Budget nicht für diese Leute ausgeben, denn für diese Backpacker-Kundschaft sind wir ohnehin sehr attraktiv."

Stuart Nash

Der neuseeländische Tourismusminister Stuart Nash hat sich öffentlich Touristen gewünscht, die nicht nur von Tütensuppen leben und wild campen.

Verdoppelung der Camper in einem Jahr

Campervans sind jetzt, da nach zwei Jahren Pandemie-bedingter Grenzschließung Touristen ins Land dürfen, wieder überall zu sehen. Doch zu den Zuständen vor der Pandemie will Neuseeland nicht mehr zurück. Da hatte sich die Zahl innerhalb eines Jahres von 110.000 Campern auf 245.000 verdoppelt.

Das war in Städten wie Queenstown nicht mehr verkraftbar. Deswegen gibt es jetzt an beliebten Orten immer mehr Schilder wie diese: Kein "Freedom Camping", kein freies Campen mehr erlaubt. Strafe: sofort 200 Dollar. Und auch Vermieter von Campervans mussten sich anpassen. Eine Mini-Toilette ist jetzt ein Muss für Camper, die auch auf Campingplätzen ohne Duschen und WC halten dürfen.

Weniger Touristen, die mehr zahlen sollen

Die Pandemie hat die Tourismusbranche zum Nachdenken gebracht. Neuseeland könne nicht einfach so wie vorher weitermachen, meint Brad Alexander, Betreiber einer Luxus-Lodge zwei Stunden von Queenstown entfernt. Die Zahl der Touristen müsse seiner Meinung nach Grenzen haben, und vor allem sollten sie auch mehr bezahlen.

"Du kannst in die Nationalparks fahren, ohne eine Gebühr zu zahlen", sagt Alexander. "Du kannst die großen Wanderstrecken nutzen, ohne einen zusätzlichen Dollar auszugeben." Das sei in vielen anderen Ländern schließlich nicht der Fall.

Ein Mann und eine Frau füttern Schafe durch einen Zaun.

Brad und Breidi Alexander betreiben eine Luxus-Lodge in Neuseeland. Sie wünschen sich weniger Touristen im Land, die dafür mehr ausgeben.

Kommt eine "Abreisesteuer"?

Abenteuerurlaub in Neuseeland - in Zukunft könnte das teurer werden. Denn Nachhaltigkeit hat einen Preis. Bei vielen hat ein Umdenken eingesetzt. Touristen sollten in Zukunft nicht nur etwas für das Bruttoinlandsprodukt bringen, sagen Brancheninsider. Lieber weniger, die länger bleiben und etwas für die Umwelt tun.

Eine Kommission unter Vorsitz des Umweltministers hat schon vor Jahren vorgeschlagen, eine Abreisesteuer für Touristen einzuführen. Diese soll den CO2-Abdruck der Reisenden abbilden. Das Prinzip: Je weiter jemand fliegt und je kürzer er in Neuseeland bleibt, desto höher die Gebühr. Noch traut sich die Regierung nicht, diesem Vorschlag zu folgen. Die Tourismus-Branche muss nach Covid erst mal wieder Geld verdienen.

Doch Experten wie der Tourismus-Professor James Higham von der Universität von Otago sagen, es führe kein Weg vorbei an so einer Steuer. "Wir können nicht länger den CO2-Abdruck ignorieren, der mit der Reise nach und von Neuseeland entsteht. Das ist die Achilles-Ferse von Neuseelands Tourismus." Und diese Herausforderung gelte es aktiv anzugehen.

Luftbild von einem "Freedom-Campingplatz" vor dem Lake Wakapitu in Neuseeland

Um das saubere, grüne Image Neuseelands zu bewahren, diskutiert das Land, wie viele Touristen es noch haben will und vor allem welche.

Die beiden "Freedom Camper" aus der Schweiz stehen in diesem Monat finanziell gut da - und das, obwohl sie auf der Südinsel schon mal länger nach einem Platz suchen müssen. "In Gegenden wie Queenstown und Wanaka, welche sehr touristisch sind, sind sie sehr begrenzt, und man kann meistens zwei Nächte stehen auf einem 'Freedom-Camping' und nicht länger", sagt Leana Schild.

Noch ist der Traum vom "Freedom Camping" nicht ausgeträumt in Neuseeland - aber er könnte bald teurer werden.

Die ausführliche Reportage zum Thema sehen Sie im Weltspiegel - am Sonntag um 18:30 Uhr im Ersten.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete das Erste am 22. Januar 2023 um 18:30 Uhr in der Sendung "Weltspiegel".