Zwei-Klassen-Zustellung Bald neues Briefsystem bei der Post?
Wer seine Briefe früher haben will, könnte dafür künftig mehr zahlen. Die Post erwägt die Einführung einer Zwei-Klassen-Zustellung bei Briefen. Die Bundesregierung zieht dafür eine Reform des Postgesetzes in Betracht.
Die Deutsche Post erwägt, das Briefsystem auf die sogenannte Zwei-Klassen-Briefzustellung umzustellen. "Der Verbraucher kann sich entscheiden, mit welchem Tempo sein Brief transportiert wird", sagte der Konzern-Personalvorstand Thomas Ogilvie den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Im Sinne der Angebotspalette halte ich das für einen guten Schritt."
Allerdings würde der neue Express-Brief für den Verbraucher voraussichtlich teurer. Dieses Prinzip der Zwei-Klassen-Briefzustellung gebe es aber in vielen europäischen Ländern, sagte Ogilvie. Eine Reduzierung der Briefzustellung auf fünf Tage in der Woche sei dagegen kein Ziel, das derzeit verfolgt werde.
Reform des Postgesetzes
Dafür braucht es jedoch auch die rechtliche Grundlage. Derzeit schreibt das Postgesetz vor, dass die Post 80 Prozent der Briefe innerhalb eines Tages zustellen muss. Die Bundesregierung zieht nun eine Reform des Postgesetzes hin zu einer Art Zwei-Klassen-Briefzustellung in Betracht. "Es gibt Briefe, die sind dringend und müssen gesichert am nächsten Tag ankommen", sagte die Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium, Franziska Brantner (Grüne), der "Süddeutschen Zeitung".
Bei anderen Sendungen könne hingegen von der gesetzlichen Vorgabe einer Zustellung innerhalb eines Tages abgerückt werden. "Das würde auch dem Klima helfen, denn dadurch könnte ein erheblich größerer Teil der Sendungen mit der Bahn transportiert werden und auf umweltschädliche Frachtflüge verzichtet werden", führte Brantner weiter aus.
Das Ziel, 80 Prozent der Briefe innerhalb eines Tages zuzustellen, hat der Post-Konzern wiederholt verfehlt. In den vergangenen Jahren häuften sich die Beschwerden, die Post verwies auf einen hohen Krankenstand und Personalmangel im Allgemeinen.
Brief kein Auslaufmodell
Der Post-Personalvorstand zeigte sich überzeugt davon, dass der Brief trotz zuletzt sinkender Sendungsmengen in Deutschland kein Auslaufmodell sei. "Letztlich braucht vor allem auch der Staat einen funktionierenden Briefdienst", sagte Ogilvie den Funke-Zeitungen. Allerdings werde die Menge weiter zurückgehen.
Die Post plane daher, mittels Verbundzustellung den Rückgang auszugleichen. Dabei liefern Briefträger auch kleine Pakete aus. "Auf dem Land werden Pakete und Briefe bereits von einer Person zugestellt. Das Prinzip könnten wir auch auf mehr Regionen ausweiten, um den Briefdienst erschwinglich zu halten", sagte Ogilvie.
Post im Tarifstreit mit ver.di
Derzeit befindet sich die Gewerkschaft ver.di mit der Post in einem Tarifkonflikt. ver.di fordert 15 Prozent mehr Gehalt sowie eine Anhebung der Ausbildungsvergütungen für jedes Ausbildungsjahr um 200 Euro pro Monat bei einer Laufzeit von einem Jahr. Seit heute läuft eine von der Gewerkschaft angesetzte Urabstimmung über Streiks.
Ogilvie sagte in den Funke-Zeitungen, keine weiteren Spielräume für ein Entgegenkommen im Tarifstreit zu sehen. Das bestehende Angebot sei das "Maximum dessen, was wir vertreten können, wenn wir auch morgen noch die Post für Deutschland sein wollen, wie wir sie heute kennen."
Im Tarifstreit mit der Gewerkschaft ver.di will die Deutsche Post eine stärkere Fremdvergabe ihrer Tätigkeiten in Betracht ziehen. Bisher arbeite die Post in Deutschland ausschließlich mit eigenen Kräften, so Ogilvie. "Wenn ver.di das jetzt alles vor dem Hintergrund kurzfristiger maximaler Lohnsteigerungen in Frage stellt, werden wir unser Betriebsmodell überdenken müssen". Es stelle sich die Frage, ob die Post Standorte weiter selber betreiben könne und wolle "oder ob wir sie fremd vergeben".