Nahrungsmittel erneut teurer So stark steigen die Lebensmittelpreise
Die Nahrungsmittelpreise in Deutschland sind im Juni weiter gestiegen. Milchprodukte, Zucker und Gemüse verteuerten sich im Jahresvergleich massiv. Nur eine Produktgruppe war deutlich günstiger.
Der Preisauftrieb in Deutschland bleibt auf einem hohen Niveau - weit entfernt vom Zwei-Prozent-Ziel der Europäischen Zentralbank. Im Juni hat die Inflationsrate auf 6,4 Prozent leicht angezogen, erklärte heute das Statistische Bundesamt und bestätigte damit seine Erstschätzung. "Die Inflationsrate hat sich damit wieder etwas verstärkt, nachdem sie sich zuvor drei Monate in Folge abgeschwächt hatte", sagte Behördenchefin Ruth Brand.
Kraftstoffe günstiger - trotz Basiseffekt
Doch wieso ist die Teuerung in Deutschland nun plötzlich wieder auf dem Vormarsch? Experten verweisen gerne auf einen Basiseffekt: Im vergangenen Jahr hatten die Entlastungsmaßnahmen der Bundesregierung - Tankrabatt und 9-Euro-Ticket - die Preise gedrückt. So kosteten Bahntickets im Nahverkehr im Juni 65,2 Prozent mehr als im Vorjahresmonat.
Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Denn Fakt ist auch: Kraftstoffe waren im Juni - trotz des Tankrabatts im Vorjahr - sogar um 10,4 Prozent günstiger. Insgesamt lagen die Preise für Energieprodukte um 3,0 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats und blieben damit deutlich hinter dem allgemeinen Anstieg der Verbraucherpreise zurück.
Speisefette und -öle deutlich billiger
Dagegen war der Preisauftrieb bei Nahrungsmitteln mit plus 13,7 Prozent erneut sehr hoch. Nahrungsmittel bleiben damit unter allen Güterbereichen der stärkste Preistreiber. Fast alle Lebensmittel waren teurer als ein Jahr zuvor. Besonders groß fiel der Preisaufschlag bei Molkereiprodukten (plus 22,3 Prozent) aus. Auch die Preise für Zucker, Marmelade, Honig und andere Süßwaren zogen massiv an - hier lag das Plus bei 19,4 Prozent.
Doch nicht nur Naschkatzen, sondern auch Anhänger einer gesunden Ernährung mussten mehr Geld auf den Tisch legen: Gemüse wurde im Jahresvergleich um 18,8 Prozent teurer. Einzig eine Produktgruppe ragte mit einem deutlichen Minus heraus: Speisefette und Speiseöle waren im Juni um 12,1 Prozent günstiger als ein Jahr zuvor.
Sind die großen Nahrungsmittelkonzerne schuld?
Warum aber werden Lebensmittel immer noch teurer? Ökonomen machen dafür in erster Linie die gestiegenen Rohstoff- und Energiekosten infolge des Ukraine-Krieges verantwortlich. Auch die höheren Kosten für Dünger verteuern die Lebensmittelproduktion.
Unklar ist, welche Rolle die großen Nahrungsmittelkonzerne bei der Verteuerung der Nahrungsmittel spielen. Verbraucherschützer sind beunruhigt, manche Preissteigerung bei Lebensmitteln sei weder gerechtfertigt noch nachvollziehbar. Der Vorwurf der "Gierflation" steht im Raum: Konzerne würden ihre Marktmacht ausnutzen, um die Preise übermäßig zu erhöhen.
Nestlé, Danone und Unilever unter Beobachtung
Nicht nur Verbraucherschützer dürften daher bei den anstehenden Quartalszahlen von Nestlé, Danone und Unilever ganz genau hinschauen. In den ersten drei Monaten des Jahres hatten die Nahrungsmittelriesen die Preise im Schnitt um rund zehn Prozent angehoben.
Der Chef des Handelsriesen Rewe, Lionel Souque, sieht zwar inzwischen eine leichte Entspannung im Preisstreit des Handels mit der Lebensmittelindustrie. Aktuell sei allerdings kaum ein Hersteller bereit, sinkende Rohstoffkosten in Form von Preissenkungen weiterzugeben. "Das geht so nicht, da braucht es noch 'Erziehung'", sagte Souque jüngst der "Wirtschaftswoche".
Wann sinken die Nahrungsmittelpreise endlich?
Können Verbraucher überhaupt noch auf sinkende Lebensmittelpreise hoffen? Ökonomen machen durchaus Mut; so rechnet etwa BayernLB-Chefökonom Jürgen Michels über den Sommer mit einem stärkeren Rückgang der Nahrungsmittelpreise.
Doch ein Blick auf die Erzeugerpreise, ein wichtiger Inflationsvorbote, mahnt zur Vorsicht. Demnach verzeichneten Nahrungsmittel im Mai einen Preisanstieg von 13,6 Prozent - von Entspannung somit keine Spur. Zucker wurde sogar um 88,9 Prozent teurer. Es könnte also durchaus noch eine ganze Weile dauern, bis im Supermarkt die Preise für andere Lebensmittel als Butter oder Speiseöl sinken.