Nach Kurseinbrüchen Offene Immobilienfonds - ein solides Fundament?
Die Zinswende hat zur Abwertung bei Immobilien geführt. Auch offene Immobilienfonds sind in der Bewertung gefallen. Die Verbraucherorganisation Finanztip rät zum Verkauf der Anteile - doch ist jetzt der richtige Zeitpunkt?
Immobilien gelten als solide Anlage, als sichere Sache. Gleiches gilt für offene Immobilienfonds, sie werden als Beimischung für ein ausgewogenes Depot beworben. Anlegerinnen und Anleger investieren dabei in eine breite Produktpalette von Immobilien. Das geht bereits mit kleinen Beträgen. Aber wie sicher ist diese Anlageform? Nachdem Ende Juni ein offener Immobilienfonds der Union Investment quasi über Nacht 17 Prozent an Wert verlor, kommen Zweifel auf.
Die Verbraucherorganisation Finanztip rät sogar aktuell zum Verkauf von Anteilen. Chefredakteur Hermann-Josef Tenhagen sagte im Gespräch mit der Sendung Update Wirtschaft auf tagesschau24: "Für Leute, die ein sicheres Investment haben wollen, würde ich einen offenen Immobilienfonds nicht empfehlen."
Dreifache Krise auf dem Immobilienmarkt
Aus Sicht des Finanztip-Chefredakteurs gibt es auf dem Immobilienmarkt aktuell eine dreifache Krise. Auf der einen Seite stelle sich die Frage: Was ist eigentlich mit den Gewerbeimmobilien wie den großen Einkaufscentern? Dort wirble das Internet und Online-Shopping den Markt durcheinander. Dadurch haben viele Einkaufsimmobilien an Wert verloren. "Dann haben wir Corona gehabt und plötzlich wollten die Leute nicht mehr ins Büro. Bei den Büroimmobilien kriselt es auch," so Tenhagen weiter. Zudem mache die Zinsentwicklung, den Gewerbeimmobilien deutlich zu schaffen.
Diese Gemengelage führte letztlich zu einer Abwertung vieler Immobilien. Das spiegelt sich auch in der Bewertung von Immobilienfonds wider - die ja Geld von Anlegerinnen und Anlegern sammeln und in eine offene Zahl von Immobilien investieren. Häufig handelt es sich dabei um Geschäfts- und Gewerbeimmobilien.
Fonds der Union Investment: ein Sonderfall?
Die Ratingagentur Scope hatte Anfang Juni ihre Bewertung von 21 Immobilienfonds aktualisiert, dabei wurden elf Fonds schlechter bewertet als bisher. Einer verbesserte sich, bei neun Fonds blieb die Note stabil. Sonja Knorr von der Rating Agentur Scope sieht bei dem "UniImo Wohnen ZBI-Fonds" von der Union Investment, der vor gut einem Monat einen Kursrutsch erlebte, einen Sonderfall: "Weil dieser Fonds sehr spätzyklisch angelegt wurde und sehr hoher Ankaufsdruck durch viel eingesammeltes Geld entstanden ist."
Der Fonds habe auf einem sehr hohen Preisniveau Immobilien angekauft, die wiederum über eine hohe Altersstruktur verfügen, die sehr hohen Modernisierungsbedarf und energetischen Sanierungsbedarf haben," so die Rating-Expertin.
Anteile verkaufen oder behalten?
Wenn nun Anlegerinnen und Anleger raus aus ihrem offenen Immobilienfonds wollen, können sie das sofort, sofern sie die Anteile bereits seit elf Jahren halten. Wer nach dem Stichtag 21. Juli 2013 eingestiegen ist, muss mit einer Frist von zwölf Monaten kündigen.
Das heißt, diese Anlegerinnen und Anleger bekommen für ihre Fondsanteile den Wert, der dann, also in einem Jahr gilt. Das Risiko dabei: Es kann mehr, aber auch weniger sein als heute. Alternativ können Anleger ihre Anteile sofort über die Börse verkaufen, müssen aber womöglich wegen der aktuellen Bewertung einen Verlust hinnehmen.
Flüchten jetzt Anlegerinnen und Anleger reihenweise aus den offenen Immobilienfonds, kann das die aktuelle Situation noch verschärfen, warnt Rating-Expertin Knorr: "Je mehr Fondsanteile zurückgegeben werden, desto mehr Immobilien müssen die Fondsgesellschaften verkaufen und das ist das große Risiko in der aktuellen Situation, dass man genau auf dem Tiefpunkt oder nahe dem Tiefpunkt des Marktes verkauft oder verkaufen muss und damit diese Verluste auch realisiert."
Abwarten und hoffen, dass die Preise wieder steigen?
Hat man jedoch einen längeren Anlagehorizont und braucht das angelegte Geld nicht sofort, dann kann man auch abwarten und hoffen, dass die Immobilienbewertungen irgendwann wieder steigen.
Eine einfache Antwort, was zu tun ist, gibt es nicht, sagt Immobilienwirtschafts-Experte Tobias Just von der International Real Estate Business School an der Universität Regensburg ( IREBS ). "Jeder sollte sich genau prüfen: Was ist mir wichtig? Wir haben Dreiklang von Liquidität, Risiko und Rendite. Man sollte sich ehrlich prüfen: Wie viel Rendite brauche ich? Wieviel Risiko bin ich bereit zu tragen und wie viel Liquidität benötige ich kurzfristig?"
Das bedeutet wie bei jeder Geldanlage: Eine Garantie auf stetig steigende Renditen gibt es nirgends. Speziell auf dem Markt der Gewerbeimmobilien könnte es - nach Ansicht vieler Expertinnen und Experten - mit den Preisen aber noch eine ganze Weile weiter nach unten gehen.