Ein Kunde tankt den neuen Kraftstoff HVO100 Diesel an einer Tankstelle
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Neuer Kraftstoff Was man über den neuen Diesel HVO100 wissen muss

Stand: 29.05.2024 16:43 Uhr

Ab sofort dürfen Tankstellen in Deutschland den neuen Kraftstoff HVO100 verkaufen. Die Alternative zum Diesel wird aus Abfallstoffen hergestellt - ist allerdings nicht für alle Autos geeignet. Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Der synthetische Diesel-Kraftstoff HVO100 darf in Deutschland nun frei verkauft werden. Die dafür notwendige Verordnung wurde zuvor im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.

Was ist HVO100?

"Hydrotreated Vegetable Oils", kurz HVO, ist ein flüssiger erneuerbarer Kraftstoff, der zu den paraffinischen Dieselkraftstoffen gezählt wird. Bei der Herstellung kommen derzeit überwiegend nachhaltige Rest- und Abfallstoffe wie zum Beispiel Altspeisefette zum Einsatz.

Durch eine katalytische Reaktion mit Wasserstoff werden die Pflanzenöle in Kohlenwasserstoffe umgewandelt. Durch diesen Prozess werden die Pflanzenöle in ihren Eigenschaften an fossile Kraftstoffe, insbesondere Dieselkraftstoff, angepasst.

Wird HVO100 an der Tankstelle als solcher ausgewiesen, bedeutet das, dass es sich um HVO in Reinform handelt. HVO kann dem Dieselkraftstoff aber auch beigemischt werden.

Was bedeutet die zusätzliche Bezeichnung XTL?

Um zu verhindern, dass Verbraucherinnen und Verbraucher an der Tankstelle den falschen Kraftstoff tanken, ist eine einheitliche Kennzeichnung für die verschiedenen Kraftstoffsorten sowohl am Fahrzeug im Tankdeckel als auch an der Tankstelle vorgeschrieben.

Alle Zapfsäulen, an denen paraffinische Dieselarten wie HVO und E-Diesel in Reinform getankt werden können, müssen darum zusätzlich zu HVO100 oder E-Diesel auch die Bezeichnung XTL tragen. XTL steht für Power-to-Liquid-Kraftstoffe, die auf einem festen oder gasförmigen Energieträger wie zum Beispiel ölhaltigen Abfall- und Reststoffen oder grünem Strom als Ausgangsstoff basieren.

Können alle Diesel-Autos den neuen Kraftstoff tanken?

Um einen XTL-Kraftstoff wie HVO100 tanken zu können, müssen die Autobauer das jeweilige Modell für den Kraftstoff freigeben. Eine Umfrage des ADAC zum Jahreswechsel 2023/2024 zeigte, dass das bisher nur auf wenige Pkw-Modelle zutrifft. Die Deutsche Automobil Treuhand (DAT) hat in Abstimmung mit den Fahrzeugherstellern eine offizielle Freigabenliste erstellt.

Um sicherzugehen, dass der Motor neuartige Kraftstoffe wie HVO100 verträgt, sollten Autobesitzer auch die Angaben in der Bedienungsanleitung und im Tankdeckel prüfen. Bei Unklarheiten rät der ADAC dazu, sich die Eignung des Fahrzeuges individuell bestätigen zu lassen.

Wo kann man HVO100 tanken - und was soll er kosten?

Bis der neue Kraftstoff HVO100 in Deutschland flächendeckend angeboten wird, dürfte es eine Weile dauern. Der ADAC rechnet damit, dass der neue Sprit an den Tankstellen schrittweise eingeführt wird. In Skandinavien, aber auch in den Niederlanden oder Italien ist der Kraftstoff bereits seit längerem zugelassen und weiter verbreitet als hierzulande.

Der Preis je Liter dürfte laut Schätzungen des ADAC bis zu 20 Cent über dem herkömmlichen B7-Diesel und damit etwa auf dem Niveau des sogenannten Premiumdiesels liegen. Der hohe Preis ist laut Bundesverkehrsministerium vor allem auf die Herstellungskosten zurückzuführen. Wegen der besseren Klimabilanz wird auf HVO-Diesel keine CO2-Steuer fällig.

Welche Vorteile hat HVO100?

Laut Bundesverkehrsministerium ist der entscheidende Unterschied zu fossilem Diesel, "dass bei der Produktion von HVO mehr als 90 Prozent an Treibhausgas-Emissionen eingespart werden können". Die derzeit erreichte Einsparungsquote liegt laut Ministerium bei 87 Prozent.

Bei der Verbrennung von HVO wird zwar ähnlich viel CO2 freigesetzt wie beim herkömmlichem Diesel. Da dieses CO2 jedoch aus nachwachsenden Rohstoffen stammt, ist die Klimabilanz besser - es kommen lediglich die Emissionen zum Tragen, die bei der Herstellung des Kraftstoffs angefallen sind. Zudem verbrennt HVO100 geruchsärmer, der Ausstoß von Feinstaub, Partikeln und Stickoxid ist geringer.

Warum gibt es Kritik an HVO100?

Kritiker des neuen Kraftstoffs bezweifeln, dass die Klimabilanz tatsächlich so positiv ausfällt. Der massenhafte Einsatz von altem Frittierfett, Palmöl-Nebenprodukten oder Tierfetten berge ein hohes Betrugsrisiko, heißt es von der Deutschen Umwelthilfe. "Ein Kraftstoff, für den altes Frittierfett aus Asien um den halben Globus transportiert wird, um dann hier in Pkw-Verbrennungsmotoren verheizt zu werden, ist nicht nachhaltig", so DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch.

Zudem erfordert die Herstellung von HVO Wasserstoff. Bislang wird Wasserstoff in Deutschland allerdings noch zu großen Teilen aus fossilen Energieträgern gewonnen - und das dürfte sich auch sobald nicht ändern. Denn Deutschland und die Europäische Union dürften laut einer Studie der Unternehmensberatung PwC ihre eigenen Ziele zu "grünem Wasserstoff" aus Erneuerbarer Energie verfehlen - das wiederum relativiert die behauptete Klimafreundlichkeit von HVO100.