"Beitrag zum Energiesparen" Aldi-Märkte sollen früher schließen
Ab November sollen zahlreiche Filialen von Aldi Nord kürzere Öffnungszeiten haben, um Energie zu sparen. Folgen dem Beispiel bald auch andere Supermärkte? Die Frage ist in der Branche umstritten.
Der Discounter Aldi Nord will die Öffnungszeiten zahlreicher Märkte verkürzen, um damit "aktiv einen Beitrag zum Energiesparen" zu leisten. Das teilte die Supermarktkette gestern Abend auf dem Kurznachrichtendienst Twitter mit. Statt um 21 oder 22 Uhr schlössen die betroffenen Filialen ab November einheitlich um 20 Uhr, sagte ein Unternehmenssprecher heute. Die Maßnahme soll zunächst auf den kommenden Winter begrenzt sein.
Bestimmte Märkte, in denen längere Öffnungszeiten vorgegeben seien, sollen davon aber ausgenommen sein. "Das betrifft beispielsweise Märkte in Einkaufszentren sowie Filialen, wo die Kundenfrequenz zwischen 20 und 21 Uhr besonders hoch ist." Kunden würden prominent in den Märkten sowie online über die Änderungen informiert, hieß es weiter. Bisher sind viele Aldi-Nord-Märkte in Großstädten wie Hannover oder Hamburg länger geöffnet, etwa bis 21 Uhr. Wie viele und welche Märkte von kürzeren Öffnungszeiten betroffen sind, teilte Aldi Nord noch nicht mit.
Tegut-Chef für Branchen-Vereinbarung
Energie ist ein großer Kostenblock im Einzelhandel und fällt insbesondere für die Kühlung von Waren und die Beleuchtung an. Die explodierenden Energiekosten belasten daher das Geschäft zahlreicher Einzelhändler. Tegut-Geschäftsführer Thomas Gutberlet hatte daher bereits im September in einem Brief an die Bundesregierung für kürzere Öffnungszeiten bis 20 Uhr plädiert. In Bayern und im Saarland sind Öffnungszeiten bis 20 Uhr bereits üblich. In Rheinland-Pfalz und Sachsen können Geschäfte bis 22 Uhr öffnen, in den restlichen Bundesländern sind unter der Woche Öffnungszeiten bis 24 Uhr vorgesehen.
"Kurzfristig würde eine Reduzierung helfen, Energie zu sparen", sagte Gutberlet der "Lebensmittelzeitung". "Aus unserer Sicht ist das eine Option, die man diskutieren muss", so Tegut dazu heute. "Daher auch der Impuls unseres Geschäftsführers. Unser Ziel was es, die Diskussion über dieses Thema in Gang zu bringen." Konkrete Pläne zum Thema frühere Schließungen gebe es noch nicht - interne Abstimmungen dazu liefen aber bereits. Das Unternehmen versuche schon jetzt, ressourcenschonend und nachhaltig zu arbeiten - etwa mit der Hilfe von energiesparenden Kühlmöbeln oder LED-Beleuchtung in den Märkten.
Große Sorgen im Handel
Dabei sieht die Kette vor allem offene Fragen zum Wettbewerb, wenn einzelne Akteure vorpreschen. "Wir haben gerade einmal einen Prozent Marktanteil. Um mit so einer Maßnahme erfolgreich zu sein, müssen aus unserer Sicht alle Einzelhändler an einem Strang ziehen und diesen Weg gehen", so Tegut. Ansonsten könnte schnell ein Wettbewerbsnachteil enstehen.
Laut einer Umfrage des Handelsverbands HDE vom September sieht mehr als die Hälfte der Handelsunternehmen in Deutschland die wirtschaftliche Existenz aufgrund der hohen Energiekosten bedroht. Befragt wurden 900 Unternehmen.
Rewe Group hält an Öffnungszeiten fest
Kürzere Öffnungszeiten zur Energieeinsparung sind jedoch in der Branche umstritten. Ein Sprecher der Rewe Group schließt frühere Ladenschließungen für Rewe- und Penny-Supermärkte aus: Bislang gebe es keine Veranlassung, Öffnungszeiten zu verkürzen. "Die damit erzielbare Energieeinsparung wäre marginal", heißt es auf Anfrage von tagessschau.de.
Auf die Technik - auch zur Kühlung - entfalle mehr als die Hälfte des Energiebedarfs der Märkte, was unabhängig von den Öffnungszeiten sei. Jedes Unternehmen müsse für sich selbst entscheiden, wie es damit umgehe, heißt es von Rewe.
Auch der Handelskonzern mit Sitz in Köln verweist auf andere Maßnahmen zur Einsparung von Energie - etwa moderne Kühlmöbel, LED-Leuchten oder energieeffiziente Wärme- und Klimatechnik. In den meisten Filialen gebe es auch sogenannte Energiebeautragte, die in regelmäßigen Abständen Energiesparmöglichkeiten prüften. An manchen Standorten seien Bewegungsmelder für Licht in den Nebenräumen installiert worden. Zudem seien Beleuchtungszeiten im Außenbereich bereits verkürzt und Zeitschaltungen für Heizungen angebracht worden.
"Großteil der Energie für Kühlung"
Der genossenschaftliche Verbund EDEKA wird von rund 3500 selbständigen Kaufleuten und sieben regionalen Großhandlungen getragen. Eine pauschale Antwort auf die Frage, ob demnächst frühere Ladenschließungen anstehen, gebe es daher nicht. "Unsere Kaufleute entscheiden eigenständig über alle unternehmerischen Fragen, auch über die Gestaltung ihrer zahlreichen Energiesparmaßnahmen", heißt es von der EDEKA-Gruppe.
"Der Großteil der Energie in unseren Märkten fällt allerdings nicht für Beleuchtung, sondern für die Kühlung der Produkte an." Deshalb sieht der Verbund derzeit ebenfalls keinen Anlass, Kunden und Kundinnen einen reduzierten Service anzubieten. Man beobachte den Wettbewerb aber weiter aufmerksam und überprüfe das Vorgehen kontinuierlich.
Auch die Schwarz-Gruppe, zu der die Ketten Lidl und Kaufland gehören, will sich dem Beispiel des Konkurrenten Aldi offensichtlich nicht anschließen. Die Filialen stünden den Kunden während der gewohnten Öffnungszeiten zur Verfügung, heißt es von dem Konzern.
Verband positioniert sich nicht
Der Handelsverband HDE nimmt indes keine klare Position gegen oder für frühere Ladenschließungen ein. Welche Öffnungszeiten an welchen Standorten am sinnvollsten seien, liege in der Entscheidung der einzelnen Unternehmen, so der Verband gegenüber tagesschau.de.
"Natürlich lassen sich mit reduzierten Öffnungszeiten Personal- und Energiekosten sparen, dafür entfallen auf der anderen Seite aber womöglich auch Umsätze", so der HDE. Es gehe dabei um individuelle betriebswirtschaftliche Entscheidungen im Wettbewerb der Handelsunternehmen.