Windpark beim Ort Radlinghausen, Brilon, Nordrhein-Westfalen.
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Anlagen "made in Germany" Wie attraktiv ist Deutschland als Windkraft-Standort?

Stand: 07.08.2023 14:09 Uhr

Deutsche Hersteller liefern Technologie für Windkraft-Anlagen in aller Welt. Doch locken andere Länder mit Subventionen und weniger Bürokratie. Die Produktion findet meist anderswo statt.

Von Bianca von der Au, ARD-Finanzredaktion

Genehmigungsverfahren und Bürokratie können lähmend sein in Deutschland. Der Bundesverband WindEnergie nennt ein Beispiel: Bis zu 80 dicke Aktenordner seien pro Antrag für eine Windenergie-Anlage nötig. Darin müsse noch vor Baubeginn dokumentiert werden, ob die Anlage keine Fledermaus bei der Jagd oder Vögel an der Brut hindere. Auch dürfe keine Hubschrauber-Tiefflugstrecke durch das Gebiet verlaufen und der Schatten, den die Rotorblätter werfen, die Anwohner nicht stören. Daneben sind noch viele weiter Gutachten zu erbringen, bevor ein Unternehmen überhaupt mit dem Bau beginnen kann.

Und dennoch sei die Zahl der Genehmigungen im ersten Halbjahr 2023 deutlich gestiegen, sagt Wolfram Axthelm, Geschäftsführer des Bundesverbands Windenergie. "Und das macht uns sehr zuversichtlich, dass der deutsche Markt sehr schnell wieder an Dynamik gewinnt, und wir werden bis Ende 2024 sehen, dass auch der Zubau deutlich anzieht."

Starkes Wachstum in USA, Indien oder Brasilien

Im Schnitt dauere der Bau einer Windkraftanlage in Deutschland sechs Jahre - vom ersten eingereichten Antrag bis zur ersten Kilowattstunde Strom, die produziert wird. In anderen Ländern gehe das schneller, sagt Thomas Deser, Energiemarkt-Experte bei der Fondsgesellschaft Union Investment. Zudem sei Deutschland als Standort von begrenzter Attraktivität. Die Größe des deutschen Binnenmarktes für künftiges Wachstum sei relativ klein.

"Wir haben zwar eine hohe installierte Kapazität", so Deser. Was in der Vergangenheit aufgestellt wurde, sei auch im internationalen Maßstab recht umfangreich. "Aber das, was nach vorne noch gebaut werden wird, das findet hauptsächlich außerhalb Deutschlands statt. Zum Beispiel in den USA, in Indien, in Brasilien. Also nicht in Deutschland", sagt der Branchenkenner gegenüber tagesschau.de.

Wertschöpfung wandert ab

Aus Deutschland kommt führende Technologie, die in der Welt gebraucht wird. Neben den Unternehmen Vestas aus Dänemark und General Electrics aus den USA gehören nach Desers Einschätzung Nordex und Siemens Energy zu den weltweit führenden Herstellern von Windkraftanlagen. Auch wenn die Unternehmen zuletzt Verluste machten und die Börsenkurse entsprechend schwächeln. "Technisch sind die deutschen Unternehmen vorne mit dabei, die Produktion findet aber in der Regel im Zielland oder in der Nähe des Ziellandes statt", so der Union-Investment-Experte.

Die Verlagerung der Produktion führt auch dazu, dass die Wertschöpfung in andere Länder abwandert; insbesondere in die Vereinigten Staaten, wo die Regierung mit kräftigen Subventionen lockt. Dennoch hat der Geschäftsführer des Bundesverbands Windenergie, Wolfram Axthelm, keine Angst vor einer Abwanderung der Branche. Zu stark sei das Geflecht an Zulieferern und ein dichtes Wertschöpfungs-Netzwerk, auf das man sich hierzulande stütze, so Axthelm.

"Die Windernergie ist nicht vergleichbar mit anderen Produktionsindustrien, weil wir sehr stark im Maschinen- und Anlagebau verankert sind sowie in der deutschen Elektrotechnik", so Axthelm. "Da sehen wir nicht, dass man aufgrund kurzfristiger Entwicklungen in anderen Regionen der Welt überstürzt das Land verlässt."

Chinesische Hersteller haben stark aufgeholt

Aus Sicht des Windenergie-Verbands muss die Bundesregierung jetzt den von ihr eingeschlagenen Weg fortführen und Genehmigungsverfahren schneller und digitaler machen. Dann bleibe Deutschland auch ein attraktiver Standort für die Produktion, meint jedenfalls Verbands-Geschäftsführer Axthelm.

Eine weitere Gefahr für die Windkraft "made in Germany" sieht Union Investment-Experte Deser aus Fernost kommen: "Die chinesischen Anbieter von Windturbinen haben im eigenen Land unheimlich viele Anlagen installiert und damit an Erfahrung und an Qualität gewonnen. Weltweit betrachtet stehen in China etwa die Hälfte aller jemals installierten Windturbinen." Und ihre Technik, da sind sich Experten sicher, wollen chinesische Hersteller bald auch in alle Welt verkaufen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 07. August 2023 um 11:50 Uhr.