Tortenwurf auf Wolfgang Porsche Aktivisten stören Volkswagen-Hauptversammlung
Die Hauptversammlung des größten deutschen Autokonzerns, Volkswagen, wurde heute von zahlreichen Zwischenfällen gestört. Besonders das VW-Werk in der chinesischen Provinz Xinjiang steht in der Kritik.
Proteste und Zwischenfälle haben heute die Hauptversammlung des Volkswagen-Konzerns in Berlin empfindlich gestört. Während der Rede von Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch warf ein Demonstrant eine Torte in Richtung des Podests, auf dem auch Wolfgang Porsche saß. Getroffen wurde niemand. Porsche vertritt die Eigentümerfamilie im Kontrollgremmium und feiert heute seinen 80. Geburtstag.
Immer wieder kam es auch danach zu Unterbrechungen. So störte eine Aktivistin mit nacktem Oberkörper die Rede von Konzernchef Oliver Blume mit lauten Rufen und einem Plakat. Zudem gab es immer wieder Zwischenrufe. Die Kritik richtete sich vor allem gegen das VW-Werk in der chinesischen Provinz Xinjiang.
Tortenreste klebten am Platz von Wolfgang Porsche.
"Die Menschen darauf aufmerksam machen, dass es Probleme gibt"
Auch vor dem Versammlungsgebäude demonstrierten Menschen gegen das chinesische Werk. Die in der Provinz lebende muslimische Minderheit der Uiguren wird laut Menschenrechtsorganisationen gezielt von der Regierung in Peking unterdrückt. VW wird vorgeworfen, nicht genug gegen mutmaßliche Zwangsarbeit bei dortigen Zulieferern zu tun. Der Dachverband der Kritischen Aktionäre hat sich des Themas angenommen und einen Antrag gegen die Entlastung des VW-Vorstands gestellt.
"Als kritische Aktionäre haben wir gemeinsam mit der Gesellschaft für bedrohte Völker und dem Weltkongress der Uiguren zu einem Protest vor der Hauptversammlung aufgerufen und wollen die Menschen aufmerksam machen, dass es Probleme gibt", so Jens Hilgenberg vom Dachverband kritischer Aktionärinnen und Aktionäre.
Verkauft VW "zu viele Autos"?
Neben den Protesten gegen das VW-Werk in Xinjiang haben zahlreiche Klimaaktivisten vor dem Ort der Hauptversammlung des größten deutschen Autoherstellers demonstriert. Die Polizei verhinderte den Versuch von Vertretern der Gruppe "Scientist Rebellion", sich auf dem Platz vor dem City-Cube festzukleben.
In einem Flugblatt warf die Initiative dem Autobauer vor, "zu viele Autos" zu verkaufen. Der Ausstoß von klimaschädlichem CO2 durch den Transportsektor habe ein bedrohliches Ausmaß angenommen. VW könne durch ein Umschwenken der Produktion hin zu Zügen und Schieneninfrastruktur positiv zur Verkehrswende beitragen.
Vertreter der Gruppe "Letzte Generation", die durch zahlreiche Klebeaktionen auf Straßen bekannt ist, blockierten nach eigenen Angaben den Verkehr zum Ort der Aktionärsversammlung von Volkswagen. Vor dem Veranstaltungsort war davon allerdings nichts zu sehen. Die Umweltorganisation "Fridays for Future" hatte ebenfalls eine Kundgebung vor dem City-Cube angemeldet.
Mehr E-Autos gefordert - Blume zufrieden
Auch vom Dachverband kritischer Aktionärinnen und Aktionäre kam Kritik an Volkswagen. "Weniger Verbrenner, mehr E-Fahrzeuge, vor allem mehr kleine, die für Kundinnen und Kunden erschwinglich sind", forderte Sprecher Hilgenberg. "Hier ist die große Gefahr, dass chinesische Hersteller VW den Rang ablaufen und mit kleinen und ressourcenschonenden Fahrzeugen auf den Markt drängen."
Der Ausbau der Elektromobilität und die Strategie für China waren auch Schwerpunkte in der Rede des Konzernchefs Blume. Er sieht den Konzern insgesamt auf einem guten Weg: "In einem schwierigen Umfeld haben wir solide Finanzergebnisse erzielt, wir haben die Transformation in Richtung Elektromobilität und Digitalisierung stark vorangetrieben und wir haben wichtige Weichen für den Volkswagen-Konzern gestellt. Schnell, ambitioniert und entschlossen."
Konzern will schneller entwickeln
Der Topmanager kündigte zudem an, Volkswagen wolle stärker in China für den chinesischen Markt tätig sein. "Im Ergebnis erwarten wir eine Verkürzung der Entwicklungszeit um ein Drittel, zudem haben wir Cariad China gegründet und bauen diese gezielt aus", sagte Blume.
Die Software-Tochter Cariad gehört zu den größten Baustellen im Konzern. Gerade erst hat Blume den Vorstand nahezu komplett ausgetauscht. In Zukunft soll die Software unter anderem stärker an die Bedürfnisse des chinesischen Marktes angepasst werden.
Mit Informationen von Annette Deutskens, NDR