Insolvenz der Signa-Holding Benkos kaum durchschaubares Firmen-Imperium
Der Österreicher René Benko schuf mit Signa einen Konzern mit Hunderten Tochtergesellschaften. Von der Insolvenz seiner Holding dürften viele seiner Geschäfte mit Immobilien und im Einzelhandel betroffen sein - und auch Banken. Ein Überblick.
Die Krise der jetzt in die Pleite gerutschten Signa-Holding hat sich seit Monaten abgezeichnet. Zunächst gingen Tochterfirmen insolvent, nun folgte der Mutterkonzern. Dringend benötigte Gelder konnten offenbar nicht beschafft werden. Insidern zufolge ging es um rund 400 Millionen Euro, die Signa kurzfristig gebraucht hätte, um eine Zahlungsunfähigkeit doch noch zu verhindern. Doch Investoren wandten sich zuletzt von dem österreichischen Konzern ab.
Mit dem heutigen Insolvenzantrag der Holding droht dem Konzern der endgültige Zusammenbruch. Die Signa-Gruppe wurde 1999 von dem Österreicher René Benko gegründet. Seither ist Signa zu einem europaweiten Immobilien- und Handelskonzern angewachsen, der Standorte in mehreren Metropolen hat. Die Signa-Gruppe gliedert sich nach eigenen Angaben in zwei Kerngeschäfte auf: Signa Real Estate und Signa Retail.
Signa Real Estate: die Immobilien
Zu Signa Real Estate gehören Unternehmen, die hauptsächlich im Immobiliengeschäft aktiv sind. Dazu zählen etwa die Signa Prime Selection, deren Tochter - die Signa Real Estate Germany - auch am Bau des Elbtower in Hamburg beteiligt ist.
Die Gesellschaft Signa Development Selection investiert ebenfalls in Entwicklungsprojekte in Ballungszentren, besonders im deutschsprachigen Raum und in Norditalien. In ihrem Portfolio befindet sich etwa das Stadtquartiers-Projekt "Wolfsburg Connect" und in Bozen das "Gries Village". Auch Luxushotels wie das Chalet N in Lech am Arlberg gehören zu Signa. Zudem gehört dem Konzern über die Tochter Signa RFR US Selection das Chrysler Building in New York.
Signa Retail: die Handelsunternehmen
Zu Signa Retail wiederum gehören Handelsunternehmen. So sind etwa die KaDeWe Group und die Schweizer Warenhauskette Globus Teil der Signa Premium. Auch Galeria, eine der bedeutendsten Warenhausketten Deutschlands, gehört als Teil des Signa Department Store zu Signa Retail und damit zu Benkos Imperium.
Signa übernahm 2018 den deutschen Kaufhauskonzern Galeria Kaufhof und fusionierte ihn mit Karstadt - die Kette gehörte schon seit 2014 zum Benko-Konzern. Galeria hat das jüngste Insolvenzverfahren im vergangenen Mai beendet, zuletzt befand sich die Warenhauskette in einem Sanierungsprozess. Wie es dort nun weitergeht, ist unklar.
Beteiligung an Medienkonzernen
Außerdem hält die Signa Holding Anteile an zwei österreichischen Zeitungen. Wie die österreichische Zeitung "Der Standard" Anfang November berichtete, halte die Signa-Gruppe eine Beteiligung an der "Kronen Zeitung" und dem "Kurier", für die sie der Funke-Mediengruppe 80 Millionen Euro bezahlte.
Prüfung durch die Europäische Zentralbank
Bereits im Sommer hatten die Bankenaufseher der Europäischen Zentralbank die Engagements europäischer Banken bei der Signa-Holding überprüft. Dabei ging es darum herauszufinden, wie hoch die Kreditrisiken für die Banken sind - also etwa, ob die Darlehen besichert sind und auch, womit sie besichert sind, sagten damals Insider dem "Handelsblatt". Die Bankenaufseher waren dabei Medienberichten zufolge zu dem Schluss gekommen, dass engagierte Banken nicht genug Risikovorsorge getroffen hätten.
Während es im Anschluss Kritik aus dem Bankensektor am Vorgehen der Bankenaufseher gab, litt Signa zuletzt tatsächlich unter Liquiditätsproblemen. Mehrere mit dem Vorgang vertraute Personen hatten bereits gewarnt: Finde sich nicht kurzfristig ein Kreditgeber, könnte die gesamte Gruppe fallen.
Betroffene Banken
Bislang gibt es keine offiziellen Angaben dazu, wie hoch die Signa-Kredite bei einzelnen Banken sind - zumal sich die Institute wegen des Bankgeheimnisses bedeckt halten. Einige Banken haben größere Summen investiert, allerdings haben die meisten Geldhäuser ihre Darlehen durch Immobilien abgesichert. Insgesamt haben mehr als 100 Institute Benko Geld geliehen.
Nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters sind auch deutsche Landesbanken engagiert: Die Helaba sei mit einem mittleren dreistelligen Millionen-Betrag involviert, BayernLB und NordLB hätten Signa ebenfalls dreistellige Millionenbeträge geliehen, sagten mit der Sache vertraute Personen. Die LBBW hat Insidern zufolge ebenfalls Kredite vergeben. Die Banken lehnten Stellungnahmen dazu ab.
Der Schweizer Vermögensverwalter Julius Bär räumte ein Kreditrisiko von gut 600 Millionen Franken bei einer Unternehmensgruppe ein, bei der es sich einem Insider zufolge um Signa handelt. Auch die österreichische Raiffeisen International (RBI) und die zur italienischen UniCredit gehörende Bank Austria sollen Geld bei Signa investiert haben. RBI-Risikovorstand Hannes Mösenbacher hatte das größte Engagement der Bank im Immobilienbereich mit 755 Millionen Euro beziffert - dem Vernehmen nach geht es auch hier um Signa.
Insolvente Gesellschaften
Bereits in der vergangen Woche hatte die deutsche Tochtergesllschaft Signa Real Estate Management Germany hat beim Amtsgericht Berlin-Charlottenburg einen Insolvenzantrag gestellt. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter wurde der Rechtsanwalt Torsten Martini bestellt.
Schon länger bröckelt das Benko-Imperium: Der Online-Sporthändler Signa Sports United war im Oktober in die Pleite gerutscht. Signa hatte zuvor eine Kapitalspritze verweigert.
Krise am Immobilienmarkt
Die Insolvenz von Signa hängt auch mit der Krise auf dem Immobilienmarkt zusammen: Hohe Baukosten, Inflation und steigende Finanzierungsaufwendungen belasten die Branche, die Liquiditätsreserven vieler Immobilienentwickler sind aufgebraucht. Mehrere Entwickler haben bereits Insolvenz angemeldet - darunter Gerch, Development Partner, Project und Euroboden.
Auch die Immobiliensparte der Signa-Holding litt unter den gestiegenen Kosten: Wegen der gestiegenen Zinsen kam es allein bei der Gesellschaft Signa Prime Selection im Vorjahr zu einer Abwertung von 1,17 Milliarden Euro.
Hierzulande stehen mehrere große Baustellen von Signa bereits still, weil der Konzern die Baufirmen nicht bezahlen kann. Vorerst eingestellt wurden die Arbeiten etwa am Carsch-Haus in Düsseldorf, einem geplantes Geschäftshaus an der Hauptwache in Frankfurt am Main und dem Hamburger Elbtower.