Deutsche Wirtschaft beim Klimagipfel Mitverdienen und wettbewerbsfähig bleiben
Die COP28 in Dubai ist auch ein Treffen für Industrievertreter aus aller Welt, deren Branchen mitten in Transformationsprozessen stecken. Was erwarten Konzerne wie Bayer oder ThyssenKrupp?
Dubai ist der größte Klimagipfel aller Zeiten - weil sich diese Konferenzen nach Ansicht von Fachleuten zu Umsetzungsmessen entwickelt haben: Man diskutiert nicht länger darüber, ob man Klimaschutz macht, sondern wie - und dabei will die deutsche Industrie mitreden. Und mitverdienen.
Die Vorgaben der Pariser Klimavereinbarung könne sie erfüllen, betont Stefan Wenzel, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium: Die Industrie sei "ready" für das 1,5-Grad-Ziel, sagt er: "Wir hatten Industrievertreter am Tisch von SiemensEnergy, die weltweit gefragt sind als Experten für Stromnetze, oder ThyssenKrupp, die seit 100 Jahren Elektrolyseanlagen bauen. Das war immer eine Nische, jetzt wird es ein weltweit nachgefragtes Produkt."
Emissionen senken und neue Technologien entwickeln
ThyssenKrupp betreibt in Duisburg das größte deutsche Stahlwerk. Insgesamt ist die Stahlproduktion für sieben Prozent des Kohlendioxidausstoßes in Deutschland verantwortlich. Das soll sich ändern, indem sie bei der Eisengewinnung auf Wasserstoff setzt. ThyssenKrupp will außerdem Zement- und Düngerfirmen mit neuen Technologien helfen, Emissionen zu senken.
In Dubai habe der Konzern dazu Vereinbarungen abgeschlossen, erklärt Vorstandschef Miguel Ángel López Borrego. Eine "sehr starke Zusammenarbeit" zwischen Politik und Industrie sei notwendig, um die Klimaziele zu erreichen: "Hier geht es darum, Partnerschaften zu schließen, mit der Politik zusammenzuarbeiten, um die Partnerschaften zwischen Unternehmen möglich zu machen und das voranzutreiben."
Vom Kohlekraftwerk zu Wind- und Sonnenstrom
Die LEAG will in Dubai ihre sogenannte Gigawattfactory vorantreiben. Sie zählt zu Deutschlands größten Stromerzeugern mit Braunkohlekraftwerken in der Lausitz und plant, auf ehemaligen Bergbauflächen Anlagen für Wind- und Sonnenstrom zu bauen - mit rund 7.000 Megawatt Leistung. Auch der LEAG-Vorstandsvorsitzende Thomas Kramer ist beim Gipfel: "Ich bin mir sicher, dass wir durch den Druck, den wir haben, die Energiewende zu gestalten auf der Welt, viele neue Produkte sehen werden."
Die Landwirtschaft hat den Klimawandel mitverursacht und leidet massiv unter den Folgen. Chemieriese Bayer bietet Lösungen an, um Pflanzen widerstandsfähiger gegen Dürren und Überschwemmungen zu machen und Emissionen zu senken - etwa bei Reis, dessen Anbau das Klimagas Methan verursacht und beim Nassreisanbau enorme Wassermengen verbraucht.
Bayer-Cheflobbyist Matthias Berninger verweist auf Entwicklungen seines Konzerns für den Trockenreisanbau: "Wir reduzieren die Methanemissionen, wir brauchen 20 bis 40 Prozent weniger Wasser, um die gleiche Menge Reis zu produzieren. Und es hat eine Zugangskomponente, weil vor allem Kleinbauern auf diese Innovation angewiesen sein werden."
"Wir brauchen Versorgungssicherheit"
Die in Dubai heftig umstrittene Abkehr von fossilen Energien stellt auch die deutsche Wirtschaft vor Probleme. Der stellvertretende Geschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Holger Lösch, sagt, gesucht sei ein Weg mit sehr viel mehr Erneuerbaren. "Aber wir brauchen auch Versorgungssicherheit." Und im Moment gebe es in Deutschland eine Situation, "die ich nicht anders als mit Fossilen gewährleistet sehe - möglicherweise auf eine gewisse längere Zeit."
Beim BDI herrscht Skepsis vor, was einen schnellen Ausstieg aus der Nutzung von Kohle, Öl und Gas angeht. Aber Aufbruchstimmung in Dubai mit Blick auf die Chancen für die Wirtschaft beim Klimaschutz. "Wir wollen natürlich auch künftig wettbewerbsfähig bleiben oder wieder werden, zum Beispiel bei Batterien oder Solarmodulen", sagt Staatssekretär Wenzel.
Wenn weltweit immer mehr Unternehmen klimaneutral produzieren, ist das gut fürs Klima und für die deutsche Wirtschaft. Denn Unternehmen aus Deutschland und der EU mit hohen Auflagen sind im Nachteil gegenüber Firmen aus Drittstaaten, die weniger auf Klimaschutz achten und dadurch kostengünstiger herstellen können. Deutsche Konzerne hoffen deshalb in Dubai auf strategische Partnerschaften von Ländern für einen gemeinsamen Weg zur Klimaneutralität.