Firmen für Strompreissubventionen "Transformation der Industrie nicht gefährden"
Die Diskussion über einen gedeckelten Strompreis für energieintensive Industrien ist in vollem Gange. Unternehmensvertreter sehen ohne staatliche Hilfen die Klimawende in Gefahr.
18.000 Megawatt Strom verbraucht Römheld & Moelle im Jahresdurchschnitt. "Um Metalle zu schmelzen, braucht es 1.400 Grad Celsius", erklärt Geschäftsführer Christoph Althausse. Die mittelständische Eisengießerei aus Mainz stellt unter anderem Presswerkzeuge für die Automobilindustrie und Großgussteile für den Maschinenbau her. "Wir konkurrieren mit anderen Unternehmen auf dem europäischen Markt. Unser Auftragserfolg hängt stark von unseren Energiekosten ab. Denn wir müssen natürlich die Energiepreise an unsere Kunden weitergeben."
Subventionen nur Notlösungen
Einen Strompreis von fünf Cent pro Kilowattstunde (kWh) fände Geschäftsführer Althausse daher zwingend, idealerweise durch günstige Erzeugung, erklärt er. Subventionen - egal, ob durch einen gedeckelten Industriestrompreis oder durch Steuerreduzierungen - sind in den Augen von Althausse nur Notlösungen. Sie sind nach seiner Einschätzung für eine begrenzte Zeit aber wohl die einzige Lösung, um einen bleibenden Schaden vom Wirtschaftsstandort Deutschland abzuwenden. "Wir brauchen als energieintensiver Mittelstand bei den Energiekosten Entlastung, sonst gehen uns Kunden an die Konkurrenz im Ausland verloren, und das würde irgendwann dann auch Arbeitsplätze hier kosten."
Käme ein gedeckelter Industriestrompreis, müsse davon auch der energieintensive Mittelstand profitieren, ist Althausse überzeugt. Allein in der deutschen Gießerei-Industrie arbeiteten ungefähr 70.000 Menschen. Die meisten Betriebe davon sind mittelständisch. Und: "Wichtig ist aber auch, dass dann keine anderen Belastungen für die Wirtschaft durch die Hintertür kommen. Wir wollen keine Mogelpackung." Bei einer Senkung der Stromsteuer, wie sie auch diskutiert wird, ist Althausse skeptisch: Es sei unklar, ob sich überhaupt eine ähnlich hohe Entlastung erreichen ließe wie bei einem gedeckelten Strompreis. Schließlich unterliege der Strompreis den Schwankungen der Strombörse.
Wettbewerber haben niedrigere Stromkosten
Auch die Schott AG in Mainz gehört zu einer energieintensiven Branche. Das international agierende Unternehmen stellt Spezialglas her, zum Beispiel Glasfläschchen für Arzneimittel und Impfstoffe, Glaskeramikkochfelder sowie optische Spezialgläser. Für Glasschmelzprozesse braucht es durchgehend Temperaturen von bis zu 1.700 Grad Celsius. Um die Produktion klimafreundlicher zu machen, hat Schott mehrere Elektrifizierungsprojekte angestoßen - auf Basis von grünem Strom und Wasserstoff. So wurde am Standort Mainz getestet, wie Schmelzwannen auch mit Wasserstoff beheizt werden können.
Einen gedeckelten Strompreis fände der Vorstandsvorsitzende der Schott AG wegen der internationalen Konkurrenz unumgänglich. "Wir fordern einen wettbewerbsfähigen Preis, also zwischen vier bis sechs Cent/kWh", sagt Frank Heinricht, der auch Präsident des Verbandes der Glasindustrie ist. Blieben die Strompreise in Deutschland im internationalen Vergleich unverändert hoch, würde das für Schott nach eigener Einschätzung erhebliche Nachteile im globalen Markt bedeuten. "Unsere Wettbewerber in den USA, in Asien und in anderen Ländern Europas haben deutlich geringere Energiepreise", erklärt Heinricht.
Verhinderung oder Beschleunigung der Transformation?
Marcel Fratzscher, Präsident vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, sieht einen gedeckelten Industriestrompreis grundsätzlich skeptisch. Zuletzt hatte der Ökonom mehrfach betont, dass ein subventionierter Industriestrompreis nach seiner Einschätzung notwendige Transformationsprozesse verhindere und alte Strukturen zementiere.
Bei der Schott AG in Mainz beurteilen sie das ganz anders. Das Unternehmen hat sich zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2030 klimaneutral zu produzieren. Schott will weg von fossilen Energieträgern, bislang setzt der Glashersteller vor allem auf Gas. Für den Transformationsprozess brauche die Schott AG aber Planungssicherheit: "Wenn wir unsere Schmelzwannen künftig mit Wasserstoff oder grünem Strom betreiben werden, werden wir hierfür deutlich mehr Strom benötigen", betont Vorstandsvorsitzender Heinricht. "Wir benötigen hier klare Sicherheiten, dass die zukünftigen Preise wettbewerbsfähig sind."
Die Transformation werde hohe Investitionen mit sich bringen. "Wir würden die Subventionierung des Strompreises daher als Sicherheit und Motivation sehen, diesen Prozess weiterzugehen." Dass eine Senkung der Stromsteuer genauso hilfreich wäre wie ein gedeckelter Industriestrompreis, bezweifelt Heinricht. Der Hebel sei weniger effektiv und daher aus Sicht des Unternehmens nicht so sinnvoll.
Ohne Subventionen kein Ökostrom mehr
Die Eisengießerei Römheld & Moelle setzt seit diesem Jahr wegen der CO2-Bilanz bewusst auf 100 Prozent grünen Strom aus Wasserkraft. Auch Geschäftsführer Althausse treibt die Frage um, wie sich die Kosten für grünen Strom in Zukunft entwickeln werden. "Wir möchten den eingeschlagenen Kurs unbedingt beibehalten und damit unseren Beitrag zum Klimaschutz leisten." Die mittelständische Eisengießerei wolle mit einer nachhaltigen Produktion nachhaltige Industriearbeitsplätze in Deutschland sichern. "Klimafreundliche Gussteile 'Made in Mainz' sind sehr gefragt, aber nur, wenn sie zu international wettbewerbsfähigen Kosten hergestellt werden können."
Althausse hofft daher für seine Eisengießerei, dass sich die Politik bald auf eine Entlastung beim Strompreis für energieintensive Unternehmen einigt. Käme kein gedeckelter Industriestrompreis, hätte das Konsequenzen: "Als erstes könnte es sein, dass wir aus wirtschaftlichen Zwängen auf Ökostrom verzichten müssen. Ein dauerhafter Verlust von Aufträgen bedeutet Gefahr für Arbeitsplätze." Von der Politik fordert Althausse außerdem, dass die Erzeugung ausreichender Mengen an regenerativer Energie nun so schnell wie möglich vorankommen muss.
"Der vielleicht heimlich gehegte Gedanke manches Politikers, mancher Politikerin, hohe Preise zwingen zu Energieeinsparungen und das entlastet die Umwelt, wird uns nicht weiterführen." Römheld & Moelle habe schon erhebliche Anstrengungen unternommen, um Energie zu sparen. Physikalisch sei aber irgendwann Schluss. Ohne Energie lasse sich Eisen nun mal nicht auf 1.400 Grad Celsius erhitzen. Als Option bliebe dann nur, sie produzierten gar nicht mehr. Dann würden weitere 150 Arbeitsplätze in Mainz verloren gehen.