Deutsche Industrie Unternehmen drosseln Produktion
Materialmangel und extreme Energiekosten: Die deutsche Industrie hat ihre Produktion im August zurückgefahren. Die Aussichten auf die Konjunktur in den kommenden Monaten sind damit getrübt.
Die deutschen Unternehmen haben ihre Produktion im August angesichts von Materialengpässen und hohen Energiepreisen gedrosselt. Industrie, Bau und Energieversorger stellten zusammen 0,8 Prozent weniger her als im Vormonat, wie das Statistische Bundesamt heute in Wiesbaden mitteilte. Das ist der kräftigste Rückgang seit März diesen Jahres, dem ersten vollen Monat seit Beginn der russischen Invasion in der Ukraine.
Von Reuters befragte Ökonomen hatten lediglich mit einem Rückgang von 0,5 Prozent gerechnet, nachdem die Produktion im Juli stagniert hatte. Auf Jahressicht stieg sie im August um 2,1 Prozent an.
Besonders starker Rückgang in den energieintensiven Zweigen
Den Statistikern zufolge ist die Produktion weiterhin durch die hohe Knappheit an Vorprodukten beeinträchtigt. Das habe mehrere Gründe: "Gestörte Lieferketten infolge des Kriegs in der Ukraine und anhaltende Verwerfungen durch die Corona-Krise führen nach wie vor zu Problemen beim Abarbeiten der Aufträge."
Allein die Industrie verringerte ihren Ausstoß im August um 0,1 Prozent. Dabei spielte auch das Niedrigwasser auf dem Rhein eine Rolle. "In der Herstellung von chemischen Erzeugnissen und in der Kokerei und Mineralölverarbeitung dürfte die Produktion im August unter anderem durch die Einschränkungen im Gütertransport in der Binnenschifffahrt infolge des starken Niedrigwassers beeinträchtigt gewesen sein", hieß es dazu.
In den energieintensiven Industriezweigen wie der Stahlbranche - die besonders unter den derzeit hohen Energiepreisen leidet - schrumpfte die Produktion mit 2,1 Prozent noch deutlich stärker. Im Baugewerbe wurde die Produktion ebenfalls um 2,1 Prozent verringert, während die Energieerzeugung um satte 6,1 Prozent schrumpfte.
"Alles deutet auf eine Rezession hin"
"Die nach wie vor große Unsicherheit über den Fortgang des Kriegs in der Ukraine und die praktisch versiegten Gaslieferungen aus Russland haben die Aktivitäten in der Industrie gedämpft", kommentierte das Bundeswirtschaftsministerium die Daten. "Angesichts rückläufiger Auftragseingänge und einer abgekühlten Stimmung in den Unternehmen sind die Aussichten für die Industriekonjunktur in den kommenden Monaten getrübt."
Ähnlich äußerten sich Ökonomen zum Rückgang der Produktion. "Die Produktion bleibt Dauerpatient, sie daddelt auf tieferem Niveau daher. Das wird auch in den nächsten Monaten noch so sein, da zentrale Belastungen erhalten bleiben", kommentierte etwa Alexander Krüger, Chefvolkswirt der Privatbank Hauck Aufhäuser Lampe. Immer lauter stelle sich mittlerweile die Frage, wie lange Unternehmen noch durchhalten werden. "Wenn Entlastungen nicht bald kommen, werden vor allem im Mittelstand helle Lichter ausgehen."
"Mit dem Minus im August setzt die Industrieproduktion ihren moderaten Abwärtstrend fort", sagte auch Jörg Krämer, Chefvolkswirt bei der Commerzbank. In der energieintensiven Industrie sei die Fertigung erneut deutlich zurückgegangen, was sich im vierten Quartal noch stärker auf die gesamte Produktion durchschlage. Auch das ifo-Geschäftsklima befinde sich bereits auf Rezessionsniveau. Er ist sich daher sicher: "Alles deutet auf eine Rezession im Winterhalbjahr hin."