Stärkstes Plus seit drei Jahren Deutsche Industrie erhält deutlich mehr Aufträge
Die deutsche Industrie hat im Juni überraschend den stärksten Auftragszuwachs seit drei Jahren verbucht. Die Bestellungen legten um 7,0 Prozent im Vergleich zum Vormonat zu. Die Aussichten sind dennoch verhalten.
Die deutsche Industrie hat im Juni dank zahlreicher Großbestellungen erneut deutlich mehr Aufträge erhalten. Im Monatsvergleich seien die Bestellungen um 7,0 Prozent gestiegen, teilte das Statistische Bundesamt heute in Wiesbaden mit.
Analysten wurden von der Entwicklung überrascht. Sie hatten mit einem Dämpfer gerechnet und waren im Schnitt von einem Rückgang um 2,0 Prozent ausgegangen, nachdem es bereits im Mai mit 6,2 Prozent einen ungewöhnlich kräftigen Zuwachs gegeben hatte.
Ohne Großaufträge Rückgang der Bestellungen
Für Auftrieb sorgten wie bereits im Vormonat Mai vor allem großvolumige Bestellungen, die im Zeitverlauf deutlich schwanken können. Wie das Bundesamt weiter mitteilte, ist der Auftragseingang ohne Großaufträge im Juni um 2,6 Prozent gesunken.
In der Zeit von April bis Juni war der Auftragseingang im Vergleich zu den drei Monaten zuvor nahezu unverändert, wie das Bundesamt weiter mitteilte. Der Auftragseinbruch in der deutschen Industrie von knapp elf Prozent im März konnte somit ausgeglichen werden.
Experten mahnen zur Vorsicht
Trotz der positiven Zahlen mahnen Experten zur Vorsicht bei den Aussichten. In einer Stellungnahme des Bundeswirtschaftsministeriums heißt es, dass der Auftragseingang "von starken Schwankungen und Sondereffekten durch Großbestellungen" geprägt sei. Die Aussichten für die Industriekonjunktur seien angesichts des eingetrübten Geschäftsklimas und der schwachen Weltkonjunktur vorerst weiterhin verhalten.
Auch Ökonomen schließen sich dieser Einschätzung an. "Wieder einmal eine faustdicke Überraschung, allerdings auf der erfreulichen Seite", kommentiert LBBW-Volkswirt Jens-Oliver Niklasch die jüngsten Zahlen. Er bleibe aber auf der Seite der Konjunkturpessimisten, wenn auch mit etwas weniger Überzeugung als zuvor. "Der Trend bei den Orders weist immer noch nach unten", kommentierte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer die aktuellen Auftragszahlen. "Ich erwarte nach wie vor, dass die deutsche Wirtschaft in der zweiten Jahreshälfte schrumpfen wird."
Inlandsnachfrage schwächelt, Auslandsnachfrage zieht an
Die Bestellungen aus dem Inland zeigten sich im Juni mit einem Rückgang von 2,0 Prozent gegen den allgemeinen Trend, während die Auslandsnachfrage um 13,5 Prozent zulegte. Die Nachfrage aus der Eurozone stieg sogar um 27,2 Prozent an.
Einen besonders positiven Einfluss hatten der sogenannte sonstige Fahrzeugbau mit Plus von 89,2 Prozent. Dazu zählen der Bau von Schiffen, Schienenfahrzeugen, Luft- und Raumfahrzeugen sowie von Militärfahrzeugen. Auch im Maschinenbau gab es mit 5,1 Prozent ein kräftiges Wachstum, während die Hersteller von Kraftwagen und Kraftwagenteilen ein Minus von 7,3 Prozent meldeten.