Rekordauktion in Genf Die Kronjuwelen der Horten-Erbin
Eine der größten privaten Schmucksammlungen wird versteigert: Die Juwelen der verstorbenen österreichischen Milliardärin Heidi Horten sollen einen Gesamtwert von mehr als 130 Millionen Euro haben. Doch über der Sammlung liegt ein Schatten.
Es sei die größte private Schmucksammlung, die das Auktionshaus Christie's in Genf je versteigert habe, heißt es: Die Juwelen der österreichischen Milliardenerbin Heidi Horten (1941-2022) kommen unter den Hammer. Eine erste Online-Auktion hat heute begonnen. Die spektakulärsten der rund 400 Schmuckstücke werden am 10. Mai sowie am 12. Mai vor Ort in Genf angeboten, wie eine Sprecherin des Auktionshauses Christie's sagte. Weitere 300 Stücke sollen im Herbst online versteigert werden. Das Auktionshaus betonte die "zeitlose Eleganz" der Sammlung, die das Vermächtnis der Erbin des deutschen Kaufhaus-Königs Helmut Horten darstellt.
Ein Tropfen Geschichte und ein Hauch von Exotik
Eines der wertvollsten Stücke ist eine Diamant-Kette mit dem tropfenförmigen "Briolette of India"-Diamanten mit gut 90 Karat. Der Legende nach soll sie im 12. Jahrhundert einst Eleonore von Aquitanien, der Königin von Frankreich, gehört haben. Allerdings gibt es laut dem Branchenverband Natural Diamond Council auch eine andere Geschichte: Danach stammt der Diamant aus Südafrika und gehörte einst Pierre Cartier, der eine exotische Legende erfand, um ihn aufzuwerten. Der Wert der Kette wird auf bis zu 14 Millionen Franken (etwa 14,2 Millionen Euro) geschätzt. "Briolette" bezeichnet eine seltene Schliffform.
Christie's schätzt den Gesamtwert der Kollektion auf rund 150 Millionen Dollar (rund 136 Millionen Euro). Der Erlös soll dem Museum "Heidi Horten Collection" mit Hortens umfangreicher Kunstsammlung sowie der medizinischen Forschung zugutekommen. Horten hatte das Museum in Wien wenige Tage vor ihrem Tod im Juni 2022 eröffnet.
Die Quelle des Vermögens
Doch über den Juwelen liegt der Schatten der NS-Vergangenheit des deutschen Unternehmers Helmut Horten, der sein Vermögen in der Zeit der sogenannten Arisierung durch die Nazis in den 1930er Jahren aufbaute. Als er 1936 das jüdische Traditionshaus "Gebrüder Alsberg" in Duisburg billig übernahm, entließ er alle jüdischen Mitarbeiter und warb mit dem Spruch "Jetzt in arischem Besitz". In der Folgezeit übernahm Horten weitere Kaufhäuser enteigneter Juden.
Statt in den Krieg zu ziehen, wurde er von den NS-Behörden mit der Verteilung von Textilien in den zerbombten Städten des Westens beauftragt. Nach Kriegsende wurde er von den Briten für eineinhalb Jahre in Recklinghausen interniert, wo er 1948 durch einen Hungerstreik seine Freilassung erzwungen haben soll.
Das Ende der Kaufhausmarke Horten
Mit dem Duisburger "100-Tage-Haus" legte Helmut Horten 1948 den Grundstein zu einer rasanten Wirtschaftswunder-Karriere und errichtete ein modernes Kaufhaus. Ende der 60er-Jahre hatte der Unternehmer ein Milliarden-Vermögen und besaß eine mondäne Villa in Düsseldorf mit Rolls-Royce-Fuhrpark und eine der größten Luxusjachten der Welt. 1969 verkaufte er seine mehr als 50 Warenhäuser und zog in die Schweiz - steuerfrei mitsamt der rund eine Milliarde Mark, die ihm sein Imperium eingebracht hatte. Horten nutzte eine Lücke im deutschen Finanzrecht und wurde so zum Prototyp des "Steuerflüchtlings".
Einige der bekanntesten Warenhausketten, die zu Hortens Imperium gehörten, waren beispielsweise Horten, Merkur, Hertie und Kaufhof. Heute gibt es diese Warenhausketten in ihrer ursprünglichen Form nicht mehr, da sie im Laufe der Zeit verschiedene Übernahmen und Fusionen durchlaufen haben. Hertie wurde 1994 von Karstadt geschluckt und 2009 geschlossen, Merkur wurde von Kaufhof übernommen und in diese Kette integriert, während Horten und Kaufhof in den 1990er Jahren von Metro aufgekauft und später an verschiedene Investoren veräußert wurden. Heute ist Kaufhof als Galeria Karstadt Kaufhof Teil der Signa-Gruppe, während Horten als Marke nicht mehr existiert.
Profiteur der "Arisierung"
Am 30. November 1987 stirbt Helmut Horten kinderlos. Seine Witwe Heidi war seither eine der reichsten Frauen Europas. Heidi Horten ließ ein Gutachten erstellen, welches Anfang 2022 zu dem Ergebnis kam, dass Horten Nutznießer der Enteignungen durch die Nazis war, sie selbst aber nicht vorangetrieben habe. Christie's will einen Teil der Erlöse aus der Versteigerung an eine Organisation spenden, die sich mit der Holocaust-Forschung und Vermittlung befasst. Damit soll ein Beitrag zur Aufarbeitung der Vergangenheit geleistet werden.