Chefankläger der Nürnberger Prozesse Benjamin Ferencz mit 103 Jahren gestorben
Der letzte bisher noch lebende Ankläger der Nürnberger Prozesse gegen die NS-Kriegsverbrecher, Benjamin Ferencz, ist im Alter von 103 Jahren gestorben. Er trug später entscheidend zur Gründung des Internationalen Strafgerichthofs bei.
Der Chefankläger bei den Nürnberger Kriegsverbrecher-Prozessen, Benjamin Ferencz, ist tot. Er starb im Alter von 103 Jahren in einer Betreuungseinrichtung in Florida, wie US-Medien unter Berufung auf seinen Sohn Don Ferencz berichteten. Er war der letzte bisher noch lebende Ankläger der Nürnberger Prozesse.
Der US-Jurist war nach dem Zweiten Weltkrieg Ermittler von Nazi-Kriegsverbrechen und diente im Alter von 27 Jahren als Chefankläger der US-Armee im sogenannten Einsatzgruppen-Prozess, einem der zwölf Nachfolgeverfahren des Nürnberger Prozesses gegen die NS-Hauptkriegsverbrecher. Die NS-Einsatzgruppen waren für die Ermordung von mehr als einer Million Menschen, vor allem Juden, verantwortlich. Von den 22 Verurteilten in dem Prozess wurden vier hingerichtet.
Später trug Ferencz entscheidend zur Gründung des Internationalen Strafgerichtshofs bei. "Bens unerschütterliches Streben nach einer friedlicheren und gerechteren Welt erstreckte sich über fast acht Jahrzehnte und prägte für immer die Art und Weise, wie wir auf die schlimmsten Verbrechen der Menschheit reagieren", erklärte die Direktorin des Holocaust-Museums in Washington, Sara Bloomfield.
Mit 27 Jahren Chefankläger
Als Sohn orthodoxer Juden geboren, wanderte er als Kind mit seinen Eltern in die USA aus. Er wuchs in bescheidenen Verhältnissen in New York auf und studierte dank eines Stipendiums später an der Elite-Universität Harvard. Der Jurist war nicht einmal 30 Jahre alt, als er Nazi-Kriegsverbrechern in Nürnberg den Prozess machte.
Vom 20. November 1945 an mussten sich in Nürnberg führende Nationalsozialisten und damit erstmals in der Geschichte Vertreter eines Unrechtsregimes vor Gericht verantworten. Die alliierten Siegermächte stellten 21 ranghohe Kriegsverbrecher wie Adolf Hitlers Stellvertreter Rudolf Heß und Reichsmarschall Hermann Göring vor ein internationales Gericht. Der Prozess endete nach fast einem Jahr mit zwölf Todesurteilen.
Benjamin Ferencz im Nürnberger Einsatzgruppenprozess (1947/48): "Ich beschloss, dass es nicht um perfekte Gerechtigkeit gehen kann, sondern dass es um Rechtsstaatlichkeit gehen muss", sagt er heute.
Ferencz war Chefankläger in einem der zwölf sogenannten Nachfolgeprozesse, die von 1946 bis 1949 auf das Verfahren gegen die Hauptkriegsverbrecher folgten. 24 führende SS-Leute klagte er unter anderem wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen an.
Vor den Prozessen war er als US-Soldat bei der Befreiung mehrerer Konzentrationslager dabei. "Ich werde nie den tödlichen Anblick der Krematorien vergessen können (...) und die ausgemergelten Körper, die wie Brennholz aufgestapelt waren", schrieb Ferencz in einem 1988 veröffentlichten Buch.