MSC Containerschiff am Terminal Eurogate im Hamburger Hafen.

Containerschifffahrt MSC-Einstieg im Hamburger Hafen könnte sich verzögern

Stand: 09.07.2024 10:11 Uhr

Eigentlich sollte die Hamburgische Bürgerschaft dem Einstieg der weltgrößten Reederei MSC beim Hafenlogistiker HHLA morgen final zustimmen. Doch die Opposition will das Geschäft ausbremsen. Worum es bei dem Streit geht.

Die politische Entscheidung über den Einstieg der Reederei MSC beim Hamburger Hafenlogistiker HHLA könnte sich mehrere Wochen verzögern. Eigentlich sollte die Hamburgische Bürgerschaft auf ihrer morgigen Sitzung endgültig grünes Licht geben für das Geschäft. Wie das "Hamburger Abendblatt" berichtet, wollen die Oppositionsparteien CDU und Linke die nötige zweite Lesung im Stadtparlament verhindern.

Blockieren kann die Opposition den Deal nicht, nur verzögern - denn die rot-grüne Koalition in Hamburg verfügt über eine Zweidrittelmehrheit. Jetzt könnte es aber bis Anfang September dauern, bis die Bürgerschaft den Weg frei macht für den geplanten mindestens 40 Jahre laufenden Vertrag zwischen MSC und dem Terminalbetreiber HHLA. Worum geht es bei dem Geschäft - und was wird daran kritisiert? Ein Überblick.

Wer ist die HHLA?

Die Hamburger Hafen und Logistik AG, kurz HHLA, ist das Zentrum des Hamburger Hafens. So wurden an seinen drei Containerterminals, Tollerort, Altenwerder und Burchardkai im vergangenen Jahr rund 5,9 Millionen Standardcontainer (TEU) umgeschlagen, das sind rund 77 Prozent des Hamburger Gesamtumschlags. Darüber hinaus ist die HHLA mit ihren knapp 6.800 Beschäftigten engagiert bei Terminals im ukrainischen Hafen Odessa, im italienischen Triest sowie im estnischen Hafen Muuga.

Mindestens genauso wichtig wie die Terminals sind für die HHLA ihre Unternehmen zum Weitertransport der Container auf der Straße und der Schiene. Für Bahntransporte hat die HHLA ihre Tochter Metrans. Immobiliengeschäft betreibt der Hafenlogistiker unter anderem im Unesco-Weltkulturerbe Speicherstadt.

Wie geht es der HHLA?

Als international ausgerichtetes Unternehmen betreffen globale Krisen die HHLA direkt. Im vergangenen Jahr blieb bei einem Umsatz von rund 1,45 Milliarden Euro unter dem Strich ein nur ein Gewinn von 20 Millionen Euro übrig. Der Containerumschlag ging um 7,5 Prozent zurück, der Containertransport um 5,4 Prozent. Das bestätigte, anders als bei den Hauptkonkurrenzhäfen Rotterdam und Antwerpen, einen seit der Weltfinanzkrise 2008 mal mehr und mal weniger ausgeprägten Trend. Im ersten Quartal dieses Jahres ist die HHLA sogar in die roten Zahlen gerutscht.

Hinzu kommen Umbrüche bei den großen Reedereien, die sich etwa wie Maersk und Hapag-Lloyd in der "Gemini Cooperation" zusammenschließen und zum Ärger der HHLA künftig vorrangig Häfen anlaufen wollen, in denen sie selbst Terminals besitzen oder kontrollieren, in Deutschland etwa Bremerhaven und Wilhelmshaven. Dabei braucht die HHLA dringend Geld für die Modernisierung und Automatisierung ihrer Terminals.

Wie sind die Besitzverhältnisse?

Bislang hielt die Stadt rund 70 Prozent der Aktien, der Rest war in Streubesitz. Im vergangenen September verkündete Hamburgs rot-grüner Senat überraschend, dass die weltgrößte Reederei MSC bei der HHLA einsteigen und künftig 49,9 Prozent des Unternehmens halten werde. Die Stadt werde ihren Anteil auf 50,1 Prozent reduzieren.

Was ist der Inhalt des geplanten Geschäfts?

Für knapp die Hälfte der Anteile wird die Reederei Mediterranean Shipping Company (MSC) ihr Ladungsaufkommen an den HHLA-Terminals laut einer Drucksache der Bürgerschaft von 2025 an erhöhen und bis 2031 auf eine Million TEU pro Jahr steigern. Außerdem werde MSC in der Hafencity eine neue Deutschlandzentrale bauen, in die auch die Kreuzfahrtsparte MSC Cruises einziehen werde. Die Mitarbeiterzahl soll sich demnach mit zusätzlich 700 Jobs in Hamburg mehr als verdoppeln. Zudem wollen MSC und die Stadt das Eigenkapital der HHLA um 450 Millionen Euro erhöhen.

Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) sagte, im Vordergrund der Verhandlungen für den über mindestens 40 Jahre laufenden Vertrag hätten zwei Punkte gestanden: "Wir müssen die Mehrheit behalten und wir müssen die Mitbestimmung gewährleisten." Beides sei erreicht. "Wir haben als Stadt auch weiterhin das Vorschlagsrecht für die CEO- und die Aufsichtsvorsitz-Positionen."

Was passierte nach der Ankündigung?

Mehrfach kam es zu Demonstrationen von Hafenarbeiterinnen und Hafenarbeitern, auch wilde Streiks wurden organisiert. Betriebsräte, die Gewerkschaft Verdi und Sachverständige warnten in Expertenanhörungen und in einer Öffentlichen Anhörung der Hamburgischen Bürgerschaft vor einem "historischen Fehler". Vor allem das Geschäftsgebaren von MSC wird kritisiert. Die Reederei ist nicht unbedingt für ihr Engagement in Sachen Mitbestimmung bekannt und kündigte in einem Tochterunternehmen in Hamburg auch schon mal einen früheren Betriebsratschef.

Was wird am MSC-Deal noch kritisiert?

Etliche Kritiker sind sich sicher, dass der ausgehandelte Preis von 16,75 Euro pro Aktie und damit knapp 233 Millionen Euro für die städtischen HHLA-Anteile viel zu niedrig angesetzt sind. So sagte der frühere Präsident des Unternehmensverbands Hafen Hamburg, Gunter Bonz, dem "Hamburger Abendblatt": "Glückwunsch an MSC. Das Unternehmen hat alles richtig gemacht und den Senat nach Strich und Faden über den Tisch gezogen." Die HHLA sei viel mehr wert, allein die Metrans schon zwei Milliarden Euro.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 12. Dezember 2023 um 18:40 Uhr.