Automobilmarkt in Deutschland Große Autos, große Margen
Die Automobilbranche konzentriert sich auf die Produktion größerer Fahrzeuge, weil sich das am meisten lohnt. Bezahlbare Kleinwagen sind kaum noch zu bekommen. Daran gibt es scharfe Kritik.
"Es wird immer schwieriger, günstige Kleinwagen zu bekommen", sagt Katja Legner vom ADAC. "Aktuell sind nur noch vier Fahrzeugmodelle unter 15.000 Euro auf dem Markt. Das ist problematisch, weil viele Verbraucher angesichts hoher Kostenbelastungen aufs Auto angewiesen sind."
Der ADAC fordert, dass Mobilität bezahlbar bleiben muss - hohe Preise selbst für Kleinwagen stehen dem entgegen. Der günstigste Pkw auf dem deutschen Markt ist laut ADAC der Dacia Sandero, der bereits ab 11.300 Euro erhältlich ist. Hinzu kommt der Fiat Panda aus Italien, der Citroën C3 aus Frankreich und der Mitsubishi Space Star. Ein deutscher Hersteller findet sich nicht unterhalb der Preisgrenze. Ein VW Polo startet beispielsweise bei knapp 21.000 Euro.
Der ADAC sieht die Entwicklung auf dem stetig kleiner werdenden Kleinwagenmarkt kritisch: Fahrzeughersteller sollten weiter bezahlbare Fahrzeuge und eine breite Modelpallette anbieten. Fast jedes dritte Auto, das zugelassen wird, ist laut Kraftfahrtbundesamt allerdings ein SUV. Nur jede zehnte Neuzulassung falle auf einen Kleinwagen.
SUV rentabler als Kleinwagen
Wieso setzen die Hersteller selbst weniger auf Kleinwagen? Die Produktions- und Verarbeitungskosten für großvolumige Fahrzeuge seien im Verhältnis zum Ertrag rentabler als für Kleinwagen. "Gerade die deutsche Käuferschaft wird dem SUV-Segment auch in den nächsten Jahren die höchsten Wachstumsraten bescheren", sagt Garnet Kasperk. Sie leitet das Center for International Automobile Management an der der RWTH Aachen.
"Bei Marken mit vielen Kleinwagen und unterer Mittelklasse ist der Absatz teils kräftig gesunken", sagt Ferdinand Dudenhöffer, Direktor des CAR-Center Automotive Research. Das zeige sich auch in den aktuellen Zahlen des Kraftfahrtbundesamtes. Renault, Opel, Fiat und ein wenig auch Hyundai, die vor einem Jahr noch starke Zahlen zeigten, hätten Federn gelassen. Dem stimmt auch Kasperk zu. "Die deutschen Hersteller Mercedes, BMW und Audi haben sich Jahrzehnte über Qualität und Luxus differenziert", sagt sie. "Im Massensegment der Kleinwagen sind sie mit ihren Marken aufgrund des hochpreisigen Angebots nicht durchgedrungen, da Käuferinnen und Käufer in diesem Segment viel preis-sensitiver sind."
Günstige Kleinwagen aus Asien konkurrenzlos
Günstige Kleinwagen von Massenanbietern aus Asien seien bereits heute und auch zukünftig konkurrenzlos. "Der Kleinwagenmarkt könnte eine Lücke sein, in die chinesische Autohersteller vorstoßen könnten", sagt ADAC-Sprecherin Legner.
Etwa mit dem Wuling Mini EV. Der rund drei Meter lange Mini-Van, ein Gemeinschaftsprodukt von SAIC und General Motors, ist in der EU zu Preisen ab 13.000 Euro an den Start gegangen. In China sei das kleine Auto bereits seit Jahren der meistverkaufte Pkw. Noch ein Beispiel sei der BYD Seagull, der demnächst erscheinen und in China um die 10.000 Euro kosten soll.
Preiskampf in Europa erwartet
"Ich erwarte einen heftigen Preiskampf bei Elektroautos in Europa", sagt Dudenhöffer. "Tesla hat in den letzten 15 Monaten deutlich mehr Fahrzeuge produziert als verkauft, und in China kann der Hersteller seine Autos nicht mehr mit Rabatten auf den Markt werfen. Dadurch verlagert sich der Preiskrieg nach Europa."
Auch Branchenkennerin Kasperk spricht davon, wie viel Bewegung derzeit im Automarkt ist. "China wird erstmalig im Bereich kleinerer E-Fahrzeuge im europäischen Markt Fuß fassen. Hier findet gerade ein echter Szenenwechsel statt." Marktanteile werden sich ihrer Ansicht nach langsam zu asiatischen Herstellern verschieben. Problematisch sei die nach wie vor offensichtliche geringe Begeisterung der Käuferinnen und Käufer für E-Fahrzeuge. "Hier klaffen politische Steuerung und Marktnachfrage weit auseinander", sagt Kasperk. "Das wird mittelfristig differenzierte Innovationen lähmen und die deutschen Hersteller in ihrer globalen Wettbewerbsfähigkeit erheblich beinträchtigen."
Die fehlende Begeisterung liegt aber laut ADAC vor allem an den hohen Kaufpreisen für Elektroautos. Hohe Preise würden laut ADAC den Wechsel hin zu mehr E-Mobilität verlangsamen. "Aber wenn der Hochlauf gelingen soll, müssen Stromer deutlich billiger werden", fordert Legner. "Das gilt vor allem deshalb, weil die Bundesregierung zur Erlangung der Klimaschutzziele auf Flottenerneuerung setzt."