Chinesischer Weltmarktführer Wie BYD Europas Markt für E-Autos erobern will
Es ist eine Kampfansage, um den europäischen Markt zu erobern: BYD, der chinesische Weltmarktführer, schickt seine E-Autos nun mit einem eigenen Frachter direkt nach Deutschland. Die Branche hofft auf Schützenhilfe aus Brüssel.
Bremerhaven erlebt eine Premiere: Die Jungfernfahrt der "BYD Explorer 1", des ersten für den chinesischen Autobauer BYD gebauten Autotransportschiffs, hat ihr Ziel erreicht. Derzeit werden werden die rund 3.000 E-Autos entladen.
Zuvor hatte der knapp 200 Meter lange Frachter bereits 1.500 Fahrzeuge im niederländischen Vlissingen abgesetzt. Künftig soll Bremerhaven als einer der größten Autohäfen der Welt ein wichtiges Drehkreuz für BYD auf dem europäischen Markt werden. Bisher sind die Zahlen noch überschaubar. Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland weniger als 4.000 E-Autos von BYD neu zugelassen. Aber die Ambitionen des Unternehmens aus Shenzhen sind gewaltig.
Rasanter Aufstieg
Im Jahr 1995 als reiner Batterieanbieter gegründet, baut BYD ("Build Your Dreams") seit 2003 selbst Autos. Das hauseigene Batterie-Know-how wird dabei häufig als Erfolgsfaktor angeführt. BYD beliefert damit auch viele westliche Autokonzerne, darunter BMW, Mercedes, Audi, Tesla, Toyota und Ford.
Noch beeindruckender ist aber der rasante Aufstieg des Autogeschäfts. Seit 2022 hat sich BYDs Autosparte vom Verbrenner verabschiedet und auf reine E-Autos und Plug-In-Hybride spezialisiert. Und schon im vierten Quartal 2023 erreichte BYD mit über 526.000 abgesetzten Fahrzeugen die Weltspitze.
Absatz in Deutschland soll vervielfacht werden
Dass die Chinesen daran arbeiten, nun auch den europäischen E-Automarkt zu erobern, hat sich schon länger abgezeichnet. Zuletzt kamen erst etwa acht Prozent der E-Autos in Europa aus China. Nun mehren sich aber die Anzeichen, wie ernst es dem chinesischen Marktführer wirklich ist. Auf der jüngsten Automobilmesse IAA in München hatte BYD den größten Messestand angemietet. "Nach nur elf Monaten sind wir schon in 15 europäischen Ländern vertreten", hatte Europa-Chef Michael Shu dort verkündet.
Nachdem Volkswagen im vergangenen Jahr seine Marktführerschaft im größten E-Automarkt China an BYD abgeben musste, deutet ein weiterer symbolischer Wachwechsel auf neue Realitäten hin. Auf der diesjährigen Fußball-Europameisterschaft 2024 in Deutschland heißt der offizielle Werbepartner nicht mehr Volkswagen, sondern BYD.
100 Autohäuser in Deutschland geplant
Zugleich baut der Konzern seine Präsenz in Deutschland deutlich aus. In den meisten großen Städten ist BYD bereits mit Autohäusern vertreten, Ziel sind rund 100 Geschäfte. Künftig sollten 90 Prozent der Deutschen ein BYD-Geschäft in weniger als 30 Minuten Autofahrt erreichen können, so das Unternehmen. Erklärtes Ziel der Chinesen ist es, in Deutschland und Europa unter die Top fünf zu kommen. Dafür ist bereits das erste eigene Werk in Ungarn geplant. Bis 2026 will BYD in Deutschland auf einen Absatz von 120.000 Elektro-Autos kommen.
Derzeit bietet BYD in Europa fünf Modelle an, im laufenden Jahr sollen noch drei weitere auf den Markt kommen. Mit dem BYD Seal, der in Deutschland etwa 45.000 Euro kostet, attackiert das Unternehmen direkt Teslas Verkaufsschlager Model 3.
Die Branche blickt nach Brüssel
Weltweit verkaufte BYD im vergangenen Jahr mehr als drei Millionen Autos. Darunter waren 1,6 Millionen reine E-Autos. In dieser Kategorie, also ohne Plugin-Hybride, hatte Tesla mit 1,8 Millionen 2023 noch die Nase vorn.
Aber trotz weiter ambitionierter Wachstumsziele Teslas halten Branchenbeobachter es nur noch für eine Frage der Zeit, bis die Chinesen den amerikanischen Marktführer auch beim Absatz reiner E-Modelle überholen. Entsprechend deutlich warnte Tesla-Chef Elon Musk jüngst vor dem Siegeszug der Wettbewerber aus Fernost. Dabei ging er nicht nur auf deren allbekannte günstigere Herstellungskosten ein. "Sie sind extrem gut", erklärte der Tech-Milliardär. Wenn es keine Handelsschranken gebe, würden sie "die meisten anderen Autofirmen in der Welt so ziemlich zerstören", so Musks düstere Prognose.
Auch wenn deutsche Autobauer selten so deutlich werden, liegt nahe, dass die Branche immer sehnlicher nach Brüssel blickt. Während in den USA noch ein Einfuhrzoll von 25 Prozent chinesische Anbieter vom Markt fernhält, zeichnen sich auch neue Schutzmechanismen in Europa ab.
Schon lange wirft die EU-Kommission China vor, mit unfairen Subventionen die Preise für Elektroautos auf dem europäischen Markt künstlich niedrig zu halten und damit den Wettbewerb zu verzerren. Sie hat deswegen eine Untersuchung eingeleitet, inwieweit internationale Handelsregeln verletzt und europäische Hersteller benachteiligt werden. Gegebenenfalls will Brüssel mit Strafzöllen reagieren.
Mit Material von Eva Lamby-Schmitt, ARD-Studio Shanghai, und Detlev Landmesser, ARD-Finanzredaktion