Brauereien in Sorge Ohne Gas kaum Bier
Brauereien sind wie ihre Flaschen-Lieferanten auf Gas angewiesen. Ein Stopp der Gaslieferungen hätte dramatische Folgen. Wie bereiten sich die Brauereien auf den Notfall vor? Klar ist schon: Bier wird teurer.
"Die Deutschen lernen das Biertrinken gerade wieder", sagt Michael Huber. Der Chef der Veltins-Brauerei spricht von einem unheimlichen Nachholbedürfnis bei den Deutschen. Das Bier wird in seiner Brauerei im Sauerland in Nordrhein-Westfalen in großen Mengen gebraut und in Flaschen abgefüllt. Doch wer Bier braut, braucht dafür Energie. Und die könnte knapp werden, wenn Russland die Erdgaslieferungen stoppen sollte.
"Das Biergeschäft in der Gastronomie zieht deutlich an. Doch das Bierbrauen ist so teuer wie nie", sagt Huber. Energie sei die wichtigste Zutat beim Brauen, der Preis für Erdgas sei aber in den vergangenen zwölf Monaten um 340 Prozent gestiegen. Die Kostenexplosion treffe alle in der Branche, nicht nur Veltins. "Nach wie vor sind gerade regionale Brauer gefährdet. Sie können nicht alle höheren Kosten durch höhere Preise kompensieren", sagt Huber.
Brauereien und Lieferanten auf Gas angewiesen
Ein Großteil der 1500 Brauereien in Deutschland, die neben Bier auch alkoholfreie Getränke und Wasser abfüllen, ist nach Angaben des Deutschen Brauer-Bundes auf Gas angewiesen. Seit vielen Jahren suchen die Betriebe Lösungen, um ihren Energieverbrauch zu senken und unabhängiger von Gas zu werden.
"Seit Monaten bereitet sich die gesamte Getränkeindustrie intensiv auf einen drohenden Gasmangel vor", sagt Holger Eichele, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauer-Bundes. "Eine Gasknappheit hätte dramatische Auswirkungen - auch indirekt, da nicht nur Brauereien von Import-Gas abhängig sind, sondern auch deren Vorlieferanten, etwa die Mälzereien oder die Produzenten von Glas, Dosen, Kartonagen und anderen Verpackungen." Und das in einer Zeit, in der der Durst der Menschen wieder da ist und erstmals seit Beginn der Coronavirus-Pandemie wieder mehr Bier konsumiert wird.
Corona-Lockdowns verheerend für Branche
Aufgrund der Corona-Lockdowns waren Gaststätten, Kneipen, Bars, Cafés und Hotels monatelang geschlossen, wodurch der Markt für Fassbier zusammenbrach. Auch die Absage Tausender Veranstaltungen war für die Brauereien verheerend. "Fassbier wurde praktisch über Nacht unverkäuflich, die Brauereien mussten abgelaufenes Bier in den Gully schütten und Kurzarbeit anmelden", sagt Eichele. "Eine katastrophale Situation für die Brauwirtschaft. Die Betriebe haben sich davon noch lange nicht erholt - viele stehen weiter mit dem Rücken zur Wand."
Wird am Ende das Bier teurer werden? "Es ist wenig überraschend, dass drastische Kostensteigerungen irgendwann auch auf den Endpreis umgelegt werden müssen", sagt der Geschäftsführer des Deutschen Brauer-Bundes. "Wir denken, die meisten Verbraucherinnen und Verbraucher haben dafür auch Verständnis."
Vorgesorgt für die Gas-Krise
Die Sudhäuser, in denen Bier-Vorprodukte erhitzt werden, werden meist mit Gas betrieben. Die Brauerei Veltins im Sauerland hat mittlerweile einen Öl-Vorrat für fünf Wochen angeschafft, um im Notfall von Gas auf Öl zu wechseln. Neue Tank-Kapazitäten hat Huber aufgebaut, um den Dampfkessel auch über eine gewisse Zeit mit Heizöl zu betreiben. Vorzeitig hat er außerdem große Glasmengen geordert, damit die Flaschen nicht ausgehen.
Die Unsicherheit auf dem Markt sei so groß wie nie. "Auf dem schrumpfenden Biermarkt herrscht ein harter Verdrängungswettbewerb. Viele Marken verlieren seit Jahren Menge und Image. Der Ausstoß von Veltins dagegen ist in den vergangenen zehn Jahren um 15 Prozent gewachsen, der Umsatz um knapp 30 Prozent", sagt Huber. Der Chef der Veltins-Brauerei hofft, dass seine Brauerei und auch die gesamte Branche gut durch die neue Krise kommen. Eigentlich ging es für die Brauer nach einer Talsohle gerade wieder aufwärts. "Wenn russisches Gas ausbleibt, hätten wir ein erhebliches Problem."
Die Veltins Brauerei bereitet sich ebenso wie andere Brauereien auf eine mögliche Gasmangellage vor.