Vernichtete Getränke Ab in den Ausguss
Bier, Säfte, Cola, Fanta - irgendwann läuft das Haltbarkeitsdatum ab. Das passiert gerade vielen Wirten und Brauern, die ohnehin mit dem Lockdown kämpfen. Hektoliterweise landen Getränke im Ausguss.
Es tue ihm in der Seele weh, sagt Vishan Bhandari, als er das Bier in den Ausguss kippt. Und nicht nur das Bier. Außer beim Wein und den Spirituosen ist bei vielen seiner Getränke das Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen. Bhandari ist Gastwirt, dem Inder gehört das Restaurant "Mother India" im oberbayerischen Markt Schwaben. Normalerweise kauft er alle zwei Wochen neue Getränke. Jetzt aber ist der letzte Einkauf mehr als drei Monate her. Denn im Oktober brummte sein Lokal noch - dann kam der Lockdown.
Auch Brauereien schütten ihr Bier weg
Sein Bier kauft Bhandari nur ein paar Straßen weiter von der Privatbrauerei Schweiger, ein Familienbetrieb seit 1934. Mit 20 Prozent weniger Absatz sind die Schweigers bisher mit einem blauen Auge durch die Krise gekommen. Sie verkaufen mehr an den Handel als an die Gastronomie. Und in den Geschäften stieg der Bierabsatz sogar leicht. Aber weil derzeit nicht nur die Wirte kein Bier mehr kaufen, sondern auch keine Volksfeste oder andere Veranstaltungen mehr stattfinden, schütten auch die Schweigers Bier in den Gulli.
Wirt Vishan Bhandari hat vor Monaten zuletzt eingekauft für sein Restaurant - jetzt muss er wegschütten.
"Über Wegschütten reden wir Bierbrauer natürlich nicht gern. Aber wir haben was weggeschüttet, im ersten Lockdown schon, und wir werden auch jetzt beim zweiten Lockdown noch mal was wegschütten müssen", sagt Erich Schweiger, Seniorchef der Privatbrauerei. "Wieviel, wissen wir noch nicht, aber natürlich blutet uns da das Herz."
Rekordminus beim Bierabsatz
Der mittlerweile seit mehr als drei Monaten andauernde Lockdown der Gastronomie und das Verbot von Veranstaltungen haben die Brauereien schwer getroffen. Laut einer Umfrage des Deutschen Brauer-Bundes mussten die deutschen Brauereien 2020 im Mittel einen Umsatzrückgang von 23 Prozent im Vergleich zum Vorjahr hinnehmen. Und weil das Bier sich nicht ewig hält, sei mittlerweile Ware im Millionenwert vernichtet worden.
Vielen Brauereien, vor allem den mittelständischen, droht nun die Insolvenz. Häufig sind es Betriebe, die sich seit Generationen in Familienbesitz befinden, die Weltkriege, Wirtschafts- und Währungskrisen überstanden haben. Anders als die Gastronomen gingen sie bei den Corona-Hilfsmaßnahmen häufig leer aus, kritisiert der Brauer-Bund.
Pflicht zur Rücknahme
Hinzu kommt, dass die Brauereien das Bier von den Gastronomen zurücknehmen müssen - ohne dafür entschädigt zu werden. Brauer Schweiger aus Markt Schwaben findet das aber eigentlich richtig: "Die Gastronomie ist unser Partner. Wir wollen die ja auch unterstützen, gerade jetzt in der Krise." Doch Gastwirt Bhandari will sein Bier nicht zurückgeben. Er schüttet es lieber selbst weg. Schließlich gehe es den Brauereien fast genauso schlecht wie den Gastronomen.
Auch Bhandari hat mehr als 20 Prozent Umsatzeinbußen. Aber eigentlich nur, weil er keine Getränke verkaufen kann - denn gerade der Getränkeverkauf macht in der Gastronomie einen Großteil des Gewinns aus. Nun kaufen sich seine Kunden ihr Bier lieber günstig im Supermarkt. Ansonsten sind sie ihm aber treu, so dass der Gastwirt immer noch so viel Essen verkauft wie vor dem Lockdown. Nur eben zum Mitnehmen.