US-Finanzinvestoren Eine Provinzbank und ein großer Plan
Die Oldenburgische Landesbank setzt ihren Expansionskurs fort und kauft die Frankfurter Degussa Bank für 200 Millionen Euro. Der Zukauf ist Teil eines großen Plans von angelsächsischen Finanzinvestoren.
Eine Fusion von Deutscher Bank und Commerzbank: Kaum eine Phantasie beschäftigte den deutschen Bankensektor in den vergangenen Jahren so sehr wie diese. Viele erhoffen sich davon eine große Konsolidierung, also eine Bereinigung der arg zersplitterten deutschen Bankenlandschaft. Bislang ist jedoch jeder Versuch einer Vereinigung der beiden großen Frankfurter Institute gescheitert.
Jenseits der börsennotierten Geldhäuser und abseits des medialen Interesses hat sich aber in der deutschen Provinz in den vergangenen Jahren viel getan. Mächtige angelsächsische Finanzinvestoren verleiben sich ein regionales Institut nacheinander ein, verschmelzen diese miteinander und formen daraus größere Banken, die zunehmend Sparerinnen und Sparer in der ganzen Republik ins Visier nehmen.
Finanzinvestoren treiben OLB zu Zukäufen
Bestes Beispiel: die Oldenburgische Landesbank, kurz OLB. Das norddeutsche Regionalinstitut ist längst nicht mehr nur in seiner angestammten Region, im Nordwesten Deutschlands, unterwegs. Seit fünf Jahren will die OLB mehr. Seit fünf Jahren befindet sie sich nämlich in den Händen von angelsächsischen Finanzinvestoren.
2017 übernahm der US-Finanzinvestor Apollo zusammen mit dem texanischen Lehrerpensionsfonds Teacher Retirement Systems of Texas sowie dem britischen Finanzinvestor Grovepoint das norddeutsche Regionalinstitut vom Versicherungsriesen Allianz und fusionierte es mit der bereits zuvor von Apollo gekauften Bremer Kreditbank und dem Bankhaus Neelmeyer. Später kam dann noch die Wüstenrot Bank hinzu.
Fast eine Million Kunden nach Degussa-Übernahme
Gestern Abend folgte dann der nächste Paukenschlag: Die OLB übernimmt für 220 Millionen Euro die Frankfurter Degussa Bank von ihren Eigentümern, den Hamburger Bankiers Max Warburg und Christian Olearius. Die Degussa Bank betreibt 60 Filialen auf den Betriebsgeländen großer Firmen, vor allem im Süden und Westen Deutschlands, und konzentriert sich auf deren Mitarbeiter als Kunden.
OLB-Chef Stefan Barth bezeichnete die Übernahme im Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters als "Meilenstein": "Wir erhöhen unsere bundesweite Präsenz mit der Übernahme der Degussa-Kunden von 620.000 auf fast eine Million."
Doch die angelsächsischen Finanzinvestoren verfolgen als Ziel mit der OLB nicht nur die bundesweite Expansion. Sei trimmen das Geldinstitut auch auf Profitabilität. Dazu gehört in der Welt der Finanzinvestoren selbstverständlich auch die Kostenreduktion durch Personalabbau: So berichtete OLB-Chef Stefan Barth im Sommer stolz im "Handelsblatt", die Bank sei 2021 in der Lage gewesen, innerhalb eines halben Jahres 360 Vollzeitstellen abzubauen.
Börsengang im kommenden Jahr?
Barth weiß, was Finanzinvestoren wollen und wie sie arbeiten. Vor seinem Wechsel zur OLB hatte er unter der Ägide des nach dem mehrköpfigen Höllenhund benannten US-Finanzinvestors Cerberus als Risikovorstand die österreichische Bawag mit an die Börse gebracht.
Ein Ziel, das die angelsächsischen Finanzinvestoren um Apollo Medienberichten zufolge nun auch mit der OLB verfolgen. Wegen der anhaltenden Unsicherheit an den Finanzmärkten rechnen Insider jedoch erst 2023 mit einem Börsengang. Alternativ käme auch ein Verkauf infrage - etwa an eine ausländische Bank, die ihren Fußabdruck in Deutschland vergrößern möchte.
OLB ist rentabler als Commerzbank
Das Ergebnis des OLB-Expansionsfeldzuges durch die deutsche Provinz kann sich jedenfalls sehen lassen: Ende 2021 wies die Oldenburgische Landesbank eine Bilanzsumme von rund 25 Milliarden Euro auf. Die Eigenkapitalrendite - der Gradmesser für die Rentabilität einer Bank - erreichte 7,3 Prozent.
Das schaffen in Deutschland nicht viele Banken; mittelfristig sollen es nach Aussage von OLB-Chef Barth sogar 13 bis 15 Prozent werden. Zum Vergleich: Die viel größere börsennotierte Commerzbank erreichte 2021 eine Eigenkapitalrendite von 1,5 Prozent, bis 2024 will sie "über sieben Prozent" erreichen.
Durch den bundesweiten Expansionskurs und den Fokus auf höhere Profitabilität machen die angelsächsischen Finanzinvestoren mit der OLB auf der kleinen deutschen Bankenbühne vor, was auf der großen eventuell noch bevorsteht.