Zum Teil schon ab 5000 Euro Negativzinsen treffen immer mehr Kunden
Sparer in Deutschland haben es immer schwerer: Denn die Zahl der Banken, die Negativzinsen verlangen, steigt. Außerdem reduzieren immer mehr Geldhäuser ihre Freibeträge.
449 von rund 1300 ausgewerteten Kreditinstituten haben Ende März für Summen ab einer bestimmten Höhe auf dem Tagesgeld- oder Girokonto Negativzinsen verlangt. Das geht aus einer Untersuchung des Vergleichsportals Verivox hervor. Drei Monate zuvor waren es noch 423 und vor einem Jahr nur 281 Banken gewesen. Gleichzeitig setzt sich den Angaben zufolge auch der Trend zu immer niedrigeren Freibeträgen fort, die von den häufig auch als Verwahrentgelt bezeichneten Negativzinsen ausgenommen sind.
Das Verbraucherportal Biallo.de ermittelte sogar 572 Banken, die Negativzinsen auf private Guthaben verlangen. Den Trend zu sinkenden Freibeträgen stellte es ebenfalls fest.
Rechtlich umstritten
"Schon längst müssen nicht mehr nur besonders vermögende Bankkunden Negativzinsen zahlen, auch Klein- und Durchschnittssparer sind immer häufiger betroffen", erläuterte Oliver Maier von Verivox. Einige Kreditinstitute kassierten ein Verwahrentgelt danach schon ab 5000 oder 10.000 Euro auf dem Tagesgeld-, Giro- oder Verrechnungskonto. Mindestens 175 Kreditinstitute beschränkten den Freibetrag für das Gesamtguthaben auf 50.000 Euro oder weniger. Vor einem Jahr seien es erst 90 und zum Jahreswechsel 155 Geldhäuser gewesen.
Verbraucherschützer halten Negativzinsen auf private Guthaben auf Giro- und Tagesgeldkonten generell für unzulässig. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hatte deshalb Klagen gegen verschiedene Kreditinstitute erhoben und sieht sich durch erste Urteile bestätigt.
Von Verwahrentgelten sind vor allem Neukunden betroffen. Will ein Geldhaus einen Negativzins von Bestandskunden verlangen, muss das mit den Betroffenen individuell vereinbart werden. Einige Kreditinstitute sind inzwischen dazu übergegangen, Kontoverbindungen zu kündigen, sofern die Kunden dem Verwahrentgelt nicht zustimmen.
Banken fordern andere Geldpolitik
Auch die Bankenbranche ist nicht glücklich mit den Negativzinsen. Zuletzt hatten einige ein Ende der Negativzinsen in Aussicht gestellt, sobald der Strafzins auf Bankeinlagen bei der Europäischen Zentralbank (EZB) wegfällt.
Erst vor kurzem hatte die Branche von der EZB gefordert, die Negativzinsen noch in diesem Jahr abzuschaffen. Negative Leitzinsen seien ein Kriseninstrument zur Bekämpfung von Deflationsgefahren, sagte Christian Ossig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands deutscher Banken (BdB). "Im heutigen Umfeld sind sie ein völlig falsches Instrument, und sie senden auch das völlig falsche Signal von der Geldpolitik," merkte er an. "Die Negativzinspolitik muss noch dieses Jahr ein Ende haben."
Seit 2014 im negativen Bereich
Die EZB hatte erstmals im Jahr 2014 den sogenannten Einlagensatz auf unter null Prozent gesenkt. Seitdem müssen Banken Strafzinsen zahlen, wenn sie bei der Notenbank über Nacht überschüssige Gelder parken.
Aktuell liegt der Einlagensatz bei minus 0,5 Prozent. Seit Herbst 2019 räumt die EZB allerdings auch Freibeträge für die Banken ein, so dass nicht mehr auf alle geparkten überschüssigen Gelder Strafzinsen fällig werden.
Die EZB treibt angesichts der hartnäckig hohen Inflation den Ausstieg aus ihrer ultralockeren Geldpolitik voran. Wann die Zinsen angehoben werden, lässt sie aber offen.