Tarifkonflikt bei der Bahn Neue Woche, neue Streiks
Am Dienstag will die Lokführergewerkschaft GDL zum sechsten Mal streiken - von einer "blanken Zumutung" spricht die Bahn. Und auch im Flugverkehr der Lufthansa ist mit Problemen zu rechnen.
Auch in dieser Woche wird es für Reisende und Pendler schwierig, von A nach B zu kommen. Bahnkunden und Fluggäste müssen sich erneut mit streikbedingten Notfahrplänen oder zusammengestrichenen Flugplänen beschäftigen - oder gleich stornieren und verschieben.
Vor allem bei der Bahn dürfte am Dienstag wenig möglich sein. Stillstand auf der Schiene, Stillstand im Tarifkonflikt. Die Lokführergewerkschaft hat erneut zu Streiks aufgerufen - von 2 Uhr in der Früh im Personenverkehr. 24 Stunden lang soll Ausstand Nummer sechs dauern. Im Güterverkehr beginnt das Ganze schon heute Abend um 18 Uhr.
Eine "blanke Zumutung"
Das sei "eine blanke Zumutung" für Millionen von Bahnreisenden und die Wirtschaft, empörte sich der Bahn-Konzern nach dem neuerlichen Streikaufruf der GDL. Das Unternehmen kritisierte vor allem die kurzfristige Ankündigung der Ausstände scharf. Die GDL mache ihre Drohung wahr, Streiks nicht mehr 48 Stunden vorher anzukündigen, teilte die Bahn am Sonntagabend mit. Der Streik werde sich erneut massiv auf den gesamten deutschen Bahnbetrieb auswirken.
Zuvor war das Ultimatum der GDL an die Bahn ausgelaufen. Gewerkschaftschef Claus Weselsky hatte die Wiederaufnahme von Tarifverhandlungen an die Bedingung geknüpft, dass die Bahn bis Sonntagabend ein besseres Angebot vorlegt. Das machte die Bahn jedoch nicht. Sie will auf Grundlage des Vermittlungsvorschlags der Moderatoren weiter verhandeln. Daraufhin kündigte die GDL den neuerlichen Streik an. Weselsky hatte zuvor bereits gedroht, mit sogenannten "Wellenstreiks" der Bahn und den Fahrgästen künftig deutlich weniger Vorlauf zu lassen, um sich auf den Arbeitskampf einzustellen.
Die DB versuche trotz des kurzen Vorlaufs, für den Fern-, Regional- und S-Bahn-Verkehr wieder ein Grundangebot anzubieten, teilte die Bahn mit. Im Fernverkehr sollen demnach wieder längere Züge mit mehr Sitzplätzen eingesetzt werden. Aufgrund des eingeschränkten Angebots rät der Konzern, bei Reisen im Fernverkehr frühzeitig einen Sitzplatz zu reservieren. Im Regional- und S-Bahnverkehr sei es ebenfalls das Ziel, ein Grundangebot zu fahren. In welchem Umfang dies möglich ist, unterscheide sich regional stark. Es werde auch im Regionalverkehr auf jeden Fall massive Einschränkungen geben.
Weiter hieß es, alle Fahrgäste, die bis einschließlich 10. März ein Ticket für eine Reise am 12. März gekauft haben und diese aufgrund des GDL-Streiks verschieben möchten, können ihr Ticket zu einem späteren Zeitpunkt nutzen. Die Zugbindung ist demnach aufgehoben. Das Ticket gilt dabei für die Fahrt zum ursprünglichen Zielort auch mit einer geänderten Streckenführung. Sitzplatzreservierungen können kostenfrei storniert werden. Zudem haben Fahrgäste im Fernverkehr im Rahmen einer Sonderkulanz auch die Möglichkeit, ihre Reise vorzuverlegen und ab sofort zu fahren. Generell bat die DB die Reisenden, sich vor Fahrtantritt über ihre Verbindung zu informieren. Das dürfte aber bei vielen Fahrgästen inzwischen zur Routine geworden sein.
Rufe nach Schlichtung werden lauter
Das Verständnis für die kompromisslose Position der GDL sinkt jedoch, nicht nur bei genervten Bahnkunden. Der Chef des Fahrgastverbands Pro Bahn, Detlef Neuß, sagte der Rheinischen Post: "Damit schädigt die GDL die Akzeptanz für Streiks im öffentlichen Dienst." Zugleich forderte Neuß den Bund zum Handeln auf. "Die Politik ist als Eigentümer der DB AG aus unserer Sicht zu zurückhaltend." Auch müsse jetzt alles für eine Schlichtung getan werden. Der Bahnkonzern hatte sich offen für ein Schlichtungsverfahren gezeigt. Die GDL hatte dies zurückgewiesen. Mit dem Ruf nach Schlichtung beweise der Bahnvorstand "wieder einmal" seine "Unfähigkeit".
Auch Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) kritisierte erneut die GDL: "Streiken anstatt zu verhandeln ist verantwortungslos. Die GDL muss reden und Kompromisse ausloten." Auch er sagte, dringend müsse ein förmliches Schlichtungsverfahren eingeleitet werden. "Herr Weselsky überspannt den Bogen immer weiter."
Eine formale Schlichtung würde bedeuten, dass eine oder zwei Personen als neutrale Dritte eingesetzt werden, um einen Tarifabschluss zu erzielen. Anders als die bereits eingesetzten Moderatoren gestalten Schlichter im Verfahren die Verhandlungsführung nach Ablauf und Inhalt. Zudem steht am Ende einer Schlichtung ein Schlichterspruch, falls sich die Tarifvertragsparteien nicht einvernehmlich verständigen konnten.
Kabinenpersonal der Lufthansa soll streiken
Wer angesichts des festgefahrenen Tarifkonflikts bei der Bahn notgedrungen auf das Flugzeug ausweichen will, muss ebenfalls mit Problemen rechnen. Zumindest bei der Lufthansa. Die Kabinengewerkschaft UFO hat die rund 19.000 Flugbegleiterinnen und Flugbegleiter der Lufthansa und der Lufthansa Cityline für diesen Dienstag und Mittwoch zum Streik aufgerufen. Bestreikt werden jeweils von 4.00 bis 23.00 Uhr am Dienstag alle Abflüge von Frankfurt und am Mittwoch alle Abflüge von München, wie UFO mitteilte.
Der Lufthansa-Konzern kritisierte, die Gewerkschaft trage die Tarifauseinandersetzung ohne Not auf dem Rücken der Passagiere aus. UFO treffe mit diesem Streik voraussichtlich rund 100.000 Passagiere. Die Lufthansa prüfe aktuell die Auswirkungen auf den Flugplan.
Die Gewerkschaft kritisierte hingegen die Haltung der Lufthansa, die sich weiterhin weigere, "angemessen auf unsere Forderungen zur Vergütung einzugehen". UFO-Chef Joachim Vázquez Bürger verwies auf den Nettogewinn des Konzerns, der sich im vergangenen Jahr um 112 Prozent auf 1,67 Milliarden Euro erhöhte.